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„Nach dem Prozess“ auf Arte: Leider ohne Hund

Einige Geschworene sitzen auf einer Bank im Gerichtssaal, im Vordergrund die asiatischstämmige Protagonistin.
Auf Drängen der anderen Geschworenen stimmt Clara (Michelle Lim Davidson, vo.) trotz ihrer Zweifel ebenfalls für nicht schuldig. (Foto: Subtext Pictures, ARTE F)

Die australische Krimiserie „Nach dem Prozess“ beginnt da, wo andere Formate des Genres sonst aufhören: nach der Urteilsverkündung. Jetzt ansehen in der ARTE-Mediathek und ab 29. 5. im TV.

Die Ausgangslage von „Nach dem Prozess“ (jetzt bei Arte und in der Arte-Mediathek) könnte nicht simpler sein: Heidi Lang, Millionenerbin und aufstrebende Influencerin, soll ihre Chefin Belinda Brooks vom Dach ihres Apartments gestoßen haben. Aus Mangel an Beweisen wird die Angeklagte allerdings schnell freigesprochen – und weil Clara Rossi (Michelle Lim Davidson), die Juryvorsitzende, ihren 11 Kolleg:innen im letzten Moment nachgegeben hat.

Ihre Zweifel halten sich jedoch hartnäckig, selbst nachdem sie wieder in ihren Job als städtische Angestellte zurückgekehrt ist. So beginnt Clara bald, eigene Nachforschungen anzustellen – unterstützt von der zupackenden Metzgerin Margie (Magda Szubanski), dem schnöseligen Immobilienmakler Ollie (Lincoln Younes) und dem geheimnisvollen Lehrer Daniel (Sullivan Stapleton), die alle mit ihr auf der Geschworenenbank saßen.

Von Pfadfinderinnen und Chauvinisten

Über sechs einstündige Folgen hinweg folgt das Publikum nun vor allem Claras Obsession mit der Causa Brooks, wobei schnell klar wird, dass das Amateurdetektivdasein jedem Teammitglied eine willkommene Ausflucht aus dem eher berechenbaren Alltag bietet. Dabei sind die Rollen eindeutig verteilt: Die wahrheitsliebende, etwas pfadfinderisch daherkommende Clara, Ollie – ein undiplomatischer Chauvi mit einem Herz aus Gold –, Daniel, in Sachen Präsenz ein menschgewordenes Holzfällerhemd, und eben Margie, deren Rolle so angelegt zu sein scheint, dass sie gleich drei identitätspolitische Fliegen mit einer Klappe schlägt: lesbisch, stark übergewichtig – und ausnahmsweise mal die weiße, beste Freundin einer PoC-Hauptfigur. In seiner Zusammengewürfeltheit erinnert das Vierergespann an die jugendlichen Ermittlergruppen von Enid Blyton, Stefan Wolf oder Robert Arthur. Umso mehr überrascht, dass hier auf den Hund verzichtet wurde.

Immerhin sind die Hauptrollen mit einem – zumindest in Australien – prominenten Ensemble besetzt, allen voran Michelle Lim Davidson, die Seriennerds zum Beispiel aus „The Newsreader“ und „Harrow“ kennen dürften. Regie führte unter anderem der Neuseeländer Peter Salmon, bekannt für die Serie „Inside“ (2020) und seine Mitarbeit an den Serien „Wanted“ (2016) und „Nowhere Boys“ (2013).

Die Oberfläche stimmt

In der Nacht vom 29. auf den 30. Mai zeigt Arte alle sechs Teile hintereinander – eine gute Gelegenheit, es sich mit dem Lieblingssnack auf der Couch gemütlich zu machen und mal einzutauchen in den Kosmos des australischen Fernsehens: Nicht so explosiv und schnell geschnitten wie amerikanische Vorabendserien, mit einem Mut zum annähernd multiperspektivischen Erzählen, der den hiesigen Sendern manchmal abgeht. Trotzdem guckt sich „Nach dem Prozess“ über weite Teile, wie ein Besuch beim Möbeldiscounter sich anfühlt: Die Oberfläche, der Plot, stimmt – ist streckenweise sogar interessant –, Ausstattung, Dialoge und vor allem Schauspiel erinnern an den darunter lauernden Pressspan.

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