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Neues aus dem Jenseits: „Walkin’ after Midnight“ von Eva Cassidy

Eva Cassidy
Eva Cassidy bezaubert auch noch lange nach ihrem Tod mit einer einzigartigen Stimme. (Foto: Cassidy family archive)

Nur ein Jahr vor ihrem Tod hat Soul- und Bluessängerin Eva Cassidy ein außergewöhnliches Konzert gespielt, das Zweifel am Zufall weckt.

Allzu gern erzählen wir von Fügung, dem Schicksal und günstigen Sternenkonstellationen, oder lassen dem Übernatürlichen zumindest bereitwillig einen Spalt weit die Hintertür offen. Selbst dann, wenn wir uns als knallharte Realist:innen verstehen. Für die Geschichte der viel zu früh verstorbenen Eva Cassidy reicht der Zufall ohnehin schon lange nicht mehr als Erklärung aus. Geboren 1963 in Washington, 33 Jahre später dem Lungenkrebs erlegen, war es der Soulsängerin nicht einmal vergönnt, die Veröffentlichung ihres ersten eigenen Studioalbums mitzuerleben. Und doch lebt Cassidys feine Stimme bis heute weiter. Dank modernster Technik – oder glücklicher Fügung?

Zufall oder Schicksal?

Mit „I can only be me“ ist erst letztes Jahr ein posthumes Album der Sängerin erschienen, für das mittels Künstlicher Intelligenz Cassidys Stimme isoliert und restauriert wurde. Und nun gibt’s schon wieder Neuigkeiten aus dem Jenseits: „Walkin’ after Midnight“. Ein Livemitschnitt eines wirklich einmaligen Ereignisses vom 2. November 1995, exakt ein Jahr vor Cassidys Todestag. Wie es der Zufall – oder das Schicksal? – wollte, ist jene Aufnahme unter erschwerten Bedingungen entstanden: Zwei von Cassidys angestammten Bandmitgliedern mussten spontan absagen, zumal die kleine King of France Tavern in der Innenstadt von Annapolis sowieso nie Bands mit Schlagzeuger beherbergt hatte. Also: kein Schlagzeug, einzig Bass, Gitarre, Cassidys Gesang und ein Gastgeiger.

Über dieser reduzierten Western-Swing-Instrumentierung tänzelt ihre Stimme so frei wie nie zuvor und lässt große Genreklassiker wie „Ain’t no Sunshine“, „Fever“ oder „Summertime“ klingen, als wären sie einzig für diesen Moment geschrieben worden. Als hätte Ella Fitzgerald schon immer einen Faible fürs Fiedeln gehabt. Noch magischer wird es beim Closer „Desperado“. Ein Song, der bereits ein Jahr vor dem Konzertabend in der King of France Tavern, zu einem Zeitpunkt, als Cassidy noch weitestgehend unbemerkt Musik gemacht hat, nur einen Häuserblock weiter eingespielt wurde. Und wie es der Zufall – oder eine günstige Sternenkonstellation? – wollte, wurde auch dieser bezaubernd ruhige Moment aufgenommen und wird nun, 30 Jahre später, zum ersten Mal restauriert veröffentlicht.

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