Lust for Life
Auf dem zweiten Album von Nobodys Face geht es nicht nur um Drogen. Doch wie bei „Trainspotting“ hatte Henrik Miko auf der Toilette ein Schlüsselerlebnis.
Henrik, lange Zeit warst du statt als Nobodys Face vor allem als Produzent und DJ für Marteria bzw. Marsimoto bekannt, doch dann hast du vor vier Jahren mit deinem Solodebüt „Niemandsland“ den Schritt in die erste Reihe gewagt. Da du jetzt nachlegst, scheint es dir im Scheinwerferlicht ja ganz gut zu gefallen …
Henrik Miko: Klar, früher konnte ich mich immer ein bisschen verstecken und musste nie Interviews geben. Trotzdem hat sich gar nicht so viel verändert. Nach wie vor verbringe ich einen Großteil meiner Zeit im Studio – nur denke ich da jetzt eben mitunter auch mal an mich.
Das Nobodys-Face-Debüt verhandelt 24 Stunden aus deinem Leben. War es schwierig, bei „Chemical Animals“ jetzt ohne festes Konzept zu arbeiten?
Miko: Es war schwierig, weil die Stücke über den langen Zeitraum von zwei Jahren entstanden sind. Ursprünglich gab es ja ein Konzept, denn lange Zeit war der Arbeitstitel „Animals“ und jedes Stück sollte auf einem Tiersound basieren. Das wäre aber ein ziemlich wahnsinniges Unterfangen geworden. Ich war sehr froh, dass aus der Zusammenarbeit mit Chefket dann das Stück „Chemicals“ entstanden ist und der Rahmen dadurch erweitert wurde.
Nimmt man noch „Andere Welt“ mit Majan und „Treiben“ mit Marteria dazu, ist es jetzt eher ein Drogenalbum geworden.
Miko: (lacht) Nönö, es geht ja auch darum, dass beim Menschen die ganze Zeit biochemische Prozesse ablaufen, die bestimmen, wie wir fühlen. Deswegen habe ich auch ganz bewusst nur mit Künstlern gearbeitet, von denen ich wusste, dass sie sich treiben lassen können und ohne vorgefasstes Schema auf meine Musik reagieren. Wie schon beim Debüt wollte ich die Freiheit, neben HipHop auch ganz verschiedene Spielarten elektronischer Musik zuzulassen.
Hast du für das Album denn auch mit Field Recordings angefangen und bist auf die Pirsch gegangen, um Tiere aufzunehmen?
Miko: Zum Geburtstag habe ich ein Mikrofon bekommen, das ich mit dem Handy benutzen kann. Seitdem nehme ich schon manchmal etwas auf. Aber man findet ja alles auch im Netz. Auf den Gelbschnabelsturmtaucher hat mich etwa ein Freund aufmerksam gemacht, der wusste, dass ich mit diesem Tierkonzept arbeite. Er hatte einen YouTube-Link in der Mail mitgeschickt, und auf dieser Grundlage habe ich dann den Track gebaut. Witzigerweise war ich kurz darauf auf La Palma im Urlaub, und als ich da irgendwann nachts auf Toilette gesessen habe, fing dieser Vogel plötzlich an zu schreien. Von da an war klar, dass der Track unbedingt mit aufs Album muss.