Eine ziemlich wüste Sache: „Nomad“ von Sidi Larbi Cherkaoui
Mit „Nomad“ bringt Beyoncé-Choreograf Sidi Larbi Cherkaoui ein Stück Wüste nach Deutschland und erforscht das Potenzial gemeinschaftlichen Lebens.
Als Sohn marokkanischer Einwanderer weiß der belgische Tänzer und Choreograf Sidi Larbi Cherkaoui, wie es sich anfühlt, trotz aller Widerstände und unter erschwerten Bedingungen sein Leben in die eigene Hand zu nehmen. Entgegen der Vorstellung seines Vaters hatte Cherkaoui früh den Traum, Tänzer zu werden. Tanzfilme und Michael Jackson brachten ihn zum klassischen Ballett, Flamenco und Breakdance, und bis heute setzt sich der 48-Jährige über Genregrenzen hinweg und feiert in seiner künstlerischen Arbeit die Hybridität der Kulturen und Stile.
Einer der vielen Gründe, warum Cherkaoui heute zu den gefeiertsten Choreografen Europas gehört, mit etlichen Preisen überschüttet wurde und neben großen Ballett-Produktionen auch hauptverantwortlich Choreografien für Superstars wie Beyoncé inszeniert.
Seine Arbeit hat Cherkaoui bereits um die halbe Welt gebracht, und nach großen Projekten in Paris, Berlin, Amsterdam, Basel und Peking kehrt der Leiter der Ballettcompagnie am Grand Théâtre de Genève nun nach über sieben Jahren endlich auf die große Kampnagelbühne in Hamburg zurück. „Nomand“ ist nach „Qutb“ und „Mosaic“ das dritte Stück, das er zu der nahöstlichen inspirierten Musik von Felix Buxton (Basement Jaxx) entwickelt – eine Choreografie lebender und unbelebter Wüstengeschöpfe.
Die Wüste ist ein lebensfeindlicher Ort. Ein Ort, der jedes Leben vor schier unüberwindbare Herausforderungen stellt – solange man sich nicht verbündet. Dass Überleben immer auch Anpassung bedeutet und dass der Einzelkämpfer nicht weit kommt, weiß Cherkaoui. Und so verschmelzen seine Schlangen, Eidechsen oder Kamele im Tanz zu einer Gruppe. Mit „Nomand“ lässt der Belgier seine Tänzer:innen in der Bewegung Zusammenhalt und Freundschaft finden. Eine Fähigkeit, die wir uns in unwirtlichen politischen Zeiten genauso bewahren sollten.