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Olga Scheps: Das neue Album „Family“ im Streaming-Konzert

Olga Scheps
(Foto: Thomas Rabsch)

Die Pianistin präsentiert ihr neues Album am 30. November im Livestream. Wir haben mit Olga Scheps über „Family“ gesprochen.

Die Pianistin Olga Scheps hat am Freitag ihr neues Album „Family“ herausgebracht. Die Stücke darauf sind von ihrer Familie inspiriert. Dabei hat sich Scheps nicht nur auf klassische Musik beschränkt – auch Filmmusik und sogar ein Track aus einem Videospiel haben Eingang gefunden.

Am 30. November wird Olga Scheps „Family“ erstmals live präsentieren. Sie spielt die neuen Stücke in der Villa Elisabeth in Berlin, von dort aus wird das Konzert im Livestream übertragen. Anschließend ist das Video noch 48 Stunden lang verfügbar. Tickets zum Stream-Konzert gibt es hier.

Wir haben im Vorfeld mit Olga Scheps über „Family“ gesprochen.

Olga, dein neues Album heißt „Family“ – ein Wort, das verschiedenen Leuten ganz verschiedene Sachen bedeutet. Was assoziierst du mit dem Begriff?

Olga Scheps: Familie sind Menschen, die mir nahestehen, bei denen ich mich zu Hause fühle. Dazu gehören auch enge Freunde, sie sind meine selbstgewählte Familie. Ich möchte dieses Album meiner Familie widmen. Ohne meine Familie wäre ich nicht da, wo ich bin.

Deine Eltern und deine Schwester sind ebenfalls Pianist:innen. Wie wichtig ist dir, die Liebe zum Klavier auch an die nächste Generation weiterzugeben?

Scheps: Ich finde es ist toll, wenn Kinder ein Instrument spielen lernen. Es kann sehr viel Spaß und Inspiration schenken. Ein Instrument zu spielen, kann in vielen Bereichen einen tollen Einfluss haben, zum Beispiel bei der Motorik, der Körperhaltung, dem Gehör, dem Gedächtnis. Es muss aber Spaß machen – wenn das Kind kein Interesse daran hat, muss man es akzeptieren, denke ich. Tonleitern lernen finde ich gerade bei Kindern nicht nötig, wichtiger finde ich es, Musik gemeinsam zu entdecken und über den musikalischem Inhalt zu sprechen. Das macht viel mehr Spaß.

Viele der Stücke auf dem Album hast du während deiner Schwangerschaft und danach für deinen Sohn gespielt. Darunter sind etwa Vivaldi und Mozart, aber auch Debussy. Was kann klassische Musik Kindern bieten, was moderner Musik vielleicht abgeht?

Scheps: Zum Begriff „Klassische Musik“: Wir haben uns daran gewöhnt, so gut wie jede Art von Musik, die zum Beispiel mit einem Sinfonieochester ohne elektronische Elemente gespielt wird, oder zum Beispiel nur Klavier oder Geige, als „Klassische Musik“ zu bezeichnen. Dabei reden wir hier von über vier Jahrhunderten voller Musik und verschiedene Stile. Die eigentliche Epoche der klassische Musik war um das 18. Jahrhundert, die Zeit von Mozart und Haydn. Davor gab es die Zeit der Barock. Danach kam die Epoche der romantischen Musik, die Epoche von Chopin oder Schumann. Danach kam die Epoche der modernen Musik, sie begann nach dem Beginn des 20 Jahrhunderts etwa. Rachmaninov oder Prokoffief, Schönberg, Arvo Pärt gelten als Moderne Musik.

Alle dieser Epochen haben ihre stilistischen Eigenschaften, jedoch verbindet die Musik sehr viel. Der emotionale Inhalt war und ist sehr ähnlich, Musik erzählt von Dingen, die uns alle berühren, egal, aus welcher Epoche sie kommt.

Gibt es Komponisten, die du Kindern eher nicht vorspielen würdest – und warum?

Scheps: Ich denke unsere Aufgabe besteht darin, den Kindern die vielseitige Welt der Musik zu zeigen. Rein intuitiv würde ich die ganz düsteren, sarkastischen, teuflischen Werke bei kleinen Kindern vielleicht weglassen und eher die helleren Farben auswählen. Dass Kinder überwiegend entspannte Musik hören müssen, denke ich nicht. Kinder erleben die Welt genau so intensiv wie wir, und erleben viele verschiedene Emotionen, und sie spüren sie in der Musik. Mein Sohn zum Beispiel findet es klasse, wenn es bei Beethoven so richtig laut und energisch wird.

Einige Stücke stammen aus Familienfilmen wie „Oben“, aber auch ein Stück aus „The Tree of Life“ ist dabei. Hast du sie ausgewählt, weil dir die Musik gefällt, oder eher wegen der Filme, in denen sie vorkommen?

Scheps: Ich schaue supergerne Filme und finde, dass bei Filmen die Musik eine entscheidende Rolle spielt. Ich kenne kaum einen großartigen und bewegenden Film der ohne gute Musik auskommt. Generell spiele ich nur Musik, die ich liebe, alles andere macht für mich künstlerisch keinen Sinn.

Nicht viele klassische Pianist:innen hätten ein Lied aus einem Videospiel neu arrangiert oder geben Konzerte auf Twitch. Du setzt dich schon lange gegen die Trennung zwischen Kunstformen ein. Meinst du, es gibt noch immer einen gewissen Snobismus, was Gaming angeht – oder hat sich da in letzter Zeit viel getan?

Scheps: Ich improvisiere manchmal, habe es früher nur für mich gemacht, zwischendurch beim Üben, nie öffentlich. Seit ich mein Üben auf Twitch live streame, improvisiere ich eben auch im Stream, und das ist für mich etwas sehr Neues, diese Welt mit euch allen zu teilen, und es macht mir sehr viel Spaß. Manchmal schlagen Leute aus der Twitch Community Melodien vor, und dann improvisiere ich darauf.

Die Melodie aus dem Spiel „Unravel“ ist bei mir sehr hängen geblieben, als wir zuhause dieses Spiel auf der Playstation gespielt haben, und ich habe eine Improvisation auf diese schöne Melodie auf dem Album aufgenommen.  Wenn man sich die letzten Jahrhunderte der Musikgeschichte ansieht, stellt man fest, dass Melodien und Motive durch verschiedene Epochen immer wieder in verschiedenen Stücken auftauchen. Komponisten wurden aus der Welt um sie herum inspiriert. Zum Beispiel sind fast alle Melodien aus dem Klavierkonzert Nr. 1 von P. Tschaikovskij bekannte Volkslieder aus der damaligen Zeit. Dieses Klavierkonzert ist heute eins der meist aufgeführten Klavierkonzerte.

Zwei der Stücke auf dem Album haben Chilly Gonzales und Christopher von Deylen alias Schiller extra für „Family“ geschrieben. Wie war die Arbeit mit ihnen?

Scheps: Christopher von Deylen hat dieses Stück geschickt, und ich liebe es – es ist verträumt und hat etwas Pures. Chilly Gonzales schrieb bereits die „Olga Gigue“ für mich, und das Stück von diesem Album ist das zweite, welches er jetzt selbst nicht spielt, sondern für jemand anderen geschrieben hat. Mit ihm tausche ich mich öfter über Musik aus, auch über das Improvisieren und Komponieren sprechen wir viel. Er ist für mich ein sehr inspirierender Künstler mit einem enormen Wissen.

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