Omer Kleins „Personal Belongings“ – Familienmensch
Aufgrund der Pandemie saß der in Frankfurt lebende Pianist Omer Klein plötzlich zu Hause fest – und hat daraus ungeahnte Inspiration gezogen.
Omer, ist es fair, deine neue Platte als Pandemiealbum zu bezeichnen?
Omer Klein: (lacht) Ich selbst würde es nie so nennen, aber es spiegelt natürlich wie alle meine Alben wieder, was ich während der Aufnahmen erlebt habe. Einige Ideen und Gedanken, die mir im Lockdown gekommen sind – über die Nähe zu meiner Familie oder die Beziehung zu meinem Trio – haben definitiv ihren Weg auf das Album gefunden.
Wie hat sich die Beziehung zu deiner Familie verändert?
Klein: Ich glaube, wir sind uns alle näher als zuvor. Eigentlich bin ich ja immer viel auf Tour, aber jetzt hatte ich die Möglichkeit, eine Menge Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Das hat sich in den Kompositionen niedergeschlagen: In „The Flower and the Seed“ etwa geht es um meine Kinder. Manchmal habe ich das Stück daheim gespielt, während sie durch das Zimmer getobt sind. Es gibt auch mehrere Songs über meine Beziehung zu meiner Partnerin Viola, zum Beispiel „Quarantined with you“ – der ist allerdings eher scherzhaft gemeint.
Geht es darum auch im Titel „Personal Belongings“?
Klein: Der Titel ist ein Wortspiel. Normalerweise sind mit „personal belongings“ ja unsere Besitztümer gemeint. Ich habe den Begriff genau umgekehrt benutzt: für die Leute und Dinge, denen ich gehöre. Covid-19 hat gezeigt, wie wichtig es für uns alle ist, irgendwo dazuzugehören – „to belong“. In meinem Fall sind das meine Familie, meine Freund:innen, meine Musik und mein Klavier.
Alle Kompositionen auf dem Album stammen von dir, mit Ausnahme des Closers „What a wonderful World“. Was hat dich bewogen, diesen Klassiker zu covern?
Klein: Als vor zwei Jahren meine Jungs geboren wurden, hat mich dieser Song sehr bewegt. Es gibt ja am Ende den Text: „I hear babies cry, I watch them grow/They’ll learn much more than I’ll ever know“. Das sind überraschend treffende Worte über das Elternsein. Mit den Jahren sind mir immer mehr Zeilen aufgefallen. „I see friends shaking hands, saying ,How do you do?‘/They’re really saying ,I love you‘“ hat in einer Zeit, in der wir keine Hände schütteln und viele Freund:innen nicht treffen konnten, plötzlich auch eine ganz neue Bedeutung gewonnen.