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„Blush“ von PVA: Das Ohr zur Welt

Bandfoto PVA
(Foto: Sebastian Kapfhammer)

Der Sound zwischen Disco und Postpunk ist ungewöhnlich, doch ihre Einzigartigkeit verdanken PVA einem nicht unerotischen Fettgewebe des menschlichen Körpers.

„Wir zoomen mit unseren Texten so nah an den menschlichen Körper ran, das musste sich einfach auszahlen“, sagt Josh Baxter lachend und freut sich über die Aussicht, bereits mit dem Debütalbum „Blush“ in die Musikgeschichte einzugehen. „I want to talk about your feet and your neck and your earlobes“, sprechsingt seine Bandkollegin Ella Harris in dem Song „Soap“, und nach intensiven Recherchen sind PVA damit wohl tatsächlich die erste Band, die das Wort „Ohrläppchen“ in einem Song unterbringt.

Wie Squid, Black Midi oder Black Country, New Road sind auch PVA aus der Südlondoner Szene um den Club The Windmill hervorgegangen: Ihre erste Single veröffentlichen sie via Speedy Wunderground, Dan Carey produziert die EP „Toner“, und in jenem Club in Brixton schärfen sie in langen Nächten ihren Sound zwischen Dancefloor und konventionellem Bandsetting. Das Trio bringt die Energie des Postpunk auf die Tanzfläche, doch sind es die Texte, die ein Gegengewicht zu den harten Beats und treibenden Basslines bilden. „So körperbetont unser Sound auch ist, geht es in den Lyrics um Verunsicherung, Ängste und die Fragilität des Körpers“, reflektiert Baxter. Seine Stimme ist auch in dem Industrialbrecher „The Individual“ zu hören, dessen Text fast ausschließlich aus Fragen besteht. „Für mich war die Arbeit an dem Album auch ein Ventil, um mit meiner Queerness klarzukommen“, sagt er. „Gerade weil die Industrialszene ja in weiten Teilen sehr homophob ist und traditionellen Geschlechterrollen anhängt, war es etwa reizvoll, über die Lyrics diese Selbstzweifel in dem Song unterzubringen.“

„So körperbetont unser Sound auch ist, geht es in den Lyrics um Verunsicherung, Ängste und die Fragilität des Körpers“ Josh Baxter von PVA im Interview zum Album „Blush“

Für PVA funktioniert das Debütalbum „Blush“ nicht zuletzt als eine musikalische Identitätssuche: Wahrend am Anfang so kompromisslose Clubtracks wie „Untethered“ und „Hero Man“ stehen, verlassen sie das Erwartbare mit dem Stück „Transit“, an dessen Ende sie plötzlich wie Portishead klingen. „Für uns ist dieser Wendepunkt total aufregend, weil wir selbst noch nicht wissen, wohin uns diese Öffnung führen wird“, sagt Baxter. Auf „Transit“ folgen die verhangene Ballade „Seven“ und eben jener Song „Soap“, mit dem PVA schon jetzt in die Musikgeschichte eingehen.

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