„Queen Charlotte“ auf Netflix: Queer Royal bei Hofe
Prequel zu „Bridgerton“: Auf Netflix startet jetzt die Kostümserie „Queen Charlotte – Eine Bridgerton-Geschichte“ von Shonda Rhymes.
Observatorium statt Ehevollzug
Und schon wieder eine Kostümserie, diesmal sogar aus der höchsten sozialen Schicht: dem Königshaus von Großbritannien. „Queen Charlotte“ (ab sofort auf Netflix) ist ein Spin-off der erfolgreichen Netflix-Serie „Bridgerton“, über deren erste und zweite Staffel hier schon berichtet wurde. Im Mittelpunkt der Serie steht die von India Amarteifio gespielte Sophie Charlotte, Herzogin zu Mecklenburg, die durch die Verheiratung mit dem englischen King George III zur Queen von Großbritannien wird. Die Fans von „Bridgerton“ kennen die von Golda Rosheuvel gespielte alte und mit allen Wassern der Macht gewaschenen Queen bereits längst, in „Queen Charlotte“ hat Golda Rosheuvel ebenfalls viele Einsätze, denn die Serie, die im Grunde Jahrzehnte vor „Bridgerton“ spielt, hat eine zweite Handlungsebene, die ziemlich nah an „Bridgerton“ heranreicht.
Einziger, aber großer Unterschied zu „Bridgerton“: Die royale Serie handelt natürlich ausschließlich von den Problemen und Ränkespielen bei Hofe. Und immer dreht es sich um die Notwendigkeit, royale Nachkommen zu zeugen, möglichst einen männlichen Thronfolger. Doch George III hat alles andere im Sinn, als seinen ehelichen Pflichten nachzukommen. Die Hochzeitsnacht verbringt er im Observatorium, wo er sich auch ein Nachtlager eingerichtet hat, die frisch angeheiratete Gattin hat er vorher in ihrem Schloss abgesetzt und sich selbst überlassen. Auf der zweiten Handlungsebene von „Queen Charlotte“ – Charlotte hat das mit dem ehelichen Sex inzwischen längst auf die Reihe gebracht – lümmeln ihre insgesamt 15 Nachkommen im Salon herum und haben bis jetzt jegliche Zeugung eines legitimen Nachfolgers verweigert, während Großbritannien in den vergangenen Jahren um eine große Schar an Bastarden reicher wurde.
„Queen Charlotte“: Anpassung an den Zeitgeist
Shonda Rhymes ist wie schon bei „Bridgerton“ auch die Showrunnerin von „Queen Charlotte“. Rhymes ist für ihre progressiven Ansätze in Sachen Queerness und Diversity bekannt, was sie schon in „Bridgerton“ bewies, schließlich ist die Köngin dunkelhäutig, und die männlichen Diener von Charlotte und George fallen in jeder nur möglichen Minute heimlich übereinander her. Im Grunde aber ist die eine wie die andere Serie Kitsch, Frechheit in Handlung und Dialogen kann da nur ein kleines bisschen drüber weghelfen. Selbst das Aufbrechen patriarchaler Strukturen und die weiblichen Netzwerke bei Hof und in der High Societey haben deutlich märchenhafte Züge und keinerlei Bezugspunkte zu einer historischen Realität. Aber so ist es bei Kostümserien ja meistens: Denkt man sich die Anpassung an den Zeitgeist weg, landet man bei Sissi – oder Sisi, wie es neuerdings heißt.