Ron Gallo im Interview: Mit „Foreground Music“ auf Tour
Keine Therapie konnte Ron Gallo bislang aus seinem Amerikanischen Alptraum befreien – vielleicht ist Greta Thunberg die letzte Hoffnung.
Ron, dein Album „Foreground Music“ hält, was es verspricht: Es konfrontiert uns mit all dem Abfuck dieser Welt. Du musst eine:n gute:n Therapeut:in haben.
Ron Gallo: Ich versuche schon lange, eine:n zu finden, aber niemand nimmt neue Patient:innen an. In Amerika sind alle psychisch krank. Die Platte wurde zu meiner Therapie, die gleichzeitig ergründet, wieso hier alle eine Therapie brauchen.
Du singst „How can we dance together, if we supress emotion to talk about weather“. Muss denn jedes Gespräch die Welt verändern?
Gallo: Oh, nein! Das wäre viel zu anstrengend. Ich bevorzuge Schweigen oder einfach Unsinn. Mein Problem mit Smalltalk ist, dass er uns der Möglichkeit beraubt, zu erkennen, wie sehr sich alle Menschen in ihren Kämpfen ähneln. Die besten Momente im Leben sind die, in denen man mit Freund:innen oder – noch besser – mit völlig Fremden wahrhaftig wird.
„San Benedetto“ ist eine Ode an Italien – aber noch mehr eine Hasstirade gegen die USA. Eingedenk, dass Kolumbus, der größte Kolonialist, Italiener gewesen ist und in Italien die Faschisten regieren, ist das ziemlich blauäugig.
Gallo: Als jemand, der Amerika in den ersten 20 Jahren seines Lebens nie verlassen hat, hat mir meine Zeit in Italien die Augen geöffnet: die Kultur, das Essen, die Gesundheitsversorgung, der Sinn für Menschlichkeit. Ich behaupte nicht, dass Italien perfekt ist, es hat mir jedoch gezeigt, dass es auch anders geht, als ständig zu arbeiten und schließlich in einer zu teuren Schuhkartonwohnung zu sterben. In einer lauten, schmutzigen, chaotischen, gewalttätigen Stadt, in der man reich sein muss, um gut zu essen und ärztliche Hilfe zu bekommen.
Deine Abneigung gegen die USA ist sowieso die zentrale Subline deines Albums.
Gallo: Dieses Land ist voller Angst und Überkompensation: ein sehr trauriger, seltsamer Versuch, alles zu kontrollieren. Es ist wie bei den Äpfeln, die Red Delicious heißen, aber widerlich schmecken. Oder die Typen mit den riesigen SUVs. Amerika nennt sich selbst immer „The Greatest“. Doch die einzigen Leute, die dem zustimmen, waren noch nie woanders. Die Politiker sind auf diese Narrative angewiesen. Denn nur, weil wir alle noch hier sind, läuft dieser Scheißladen.
„Big Truck Energy“ ist ein Song über diese SUV-Fahrer – an der Stelle brauche ich nicht zu gendern, denke ich. Ich musste dabei an den Twitter-Beef zwischen Andrew Tate und Greta Thunberg denken.
Gallo: Mein Manager hatte eigentlich die Idee, den Song mit einem Video aus den Nachrichten zu synchronisieren, aber das wurde gelöscht: unangemessener Inhalt. Wir haben Greta direkt kontaktiert, ob sie irgendwie involviert sein will, aber bislang haben wir noch keine Antwort erhalten. Falls jemand einen direkten Draht zu ihr hat, lasst es uns wissen.