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Roosevelt: Roosevelt

Fragt man den 25-jährigen Kölner Marius Lauber alias Roosevelt, warum sein Elektropop-Debüt auch im Ausland so sehnsüchtig erwartet wurde, hüllt er sich in Schweigen.

Marius, obwohl dein Debütalbum erst in diesem Monat erscheint, wirst du von jungen deutschen Künstlern schon seit zwei, drei Jahren immer wieder als Vorbild genannt, weil du ihnen neue Perspektiven eröffnet hast. Gleich mit dem ersten Roosevelt-Song hat dich Joe Gobbard von der britischen Band Hot Chip auf dessen Label Greco Roman unter Vertrag genommen. Seitdem wirst du nicht nur in Deutschland als Hoffnungsträger gehandelt, sondern spielst auch im Ausland auf großen Festivals und kannst auf positives Feedback bei Pitchfork und im Guardian verweisen.
Marius Lauber: Da muss ich unbedingt einen Disclaimer voranstellen, denn ich hatte einfach krasses Glück, auf diesem Label zu landen und fände es jetzt falsch, den Klugscheißer raushängen zu lassen und schlaue Tipps zu geben, wie man im Ausland auf sich aufmerksam macht. Ich war von Anfang an privilegiert, weil ich mein Zeug immer sofort rausbringen konnte und nie ein Label suchen musste. Heutzutage läuft es ja eigentlich so, dass man mit einem Produzenten ein Album aufnimmt, irre viel Geld rausknallt und dann hofft, dass irgendeine Plattenfirma die Kosten übernimmt.

So musstest du nicht die üblichen Spielchen der nationalen Musikszene mitmachen und wurdest eigentlich nie als deutscher Künstler wahrgenommen.
Lauber: Stimmt schon, in all meinen Bands vorher ist immer wieder dieser Satz gefallen: Das machen wir halt, weil man das so macht. Ganz besonders natürlich bei Beat!Beat!Beat! Als wir von einer Musikzeitschrift für eine Foto-Love-Story angefragt wurden, haben wir das halbironisch durchgezogen und uns mit diesem Satz gegenseitig beruhigt. Natürlich wäre es jetzt auch Quatsch gewesen, mich als Typ aus England zu verkaufen, obwohl ich in Köln rumhänge, aber durch die Erfahrungen mit den Bands habe ich wohl schon ein ziemlich gutes Gespür dafür bekommen, was mir etwas bringt – und was nicht. Natürlich kann man auch mal auf einer Bühne spielen, auf der links und rechts ein riesengroßes Logo prangt, denn damit kann man womöglich zwei komplette Tourneen finanzieren. Trotzdem mache ich heute nicht mehr jeden Quatsch mit, und ich habe auch gelernt, meinen Mund nur aufzumachen, wenn ich etwas zu sagen habe. Es schon witzig, wie schnell man als mysteriös und unantastbar eingestuft wird, nur weil man mal die Fresse hält und nicht omnipräsent ist.

Dann ist das auch dein Tipp für junge Musikerkollegen?
Lauber: Vermutlich ist das schon der Kern. Von Anfang an gab es für mich die Möglichkeit, meine Musik ins Internet zu stellen, und dann muss der erste Schritt vom Proberaum in Viersen nicht zwangsläufig nach Köln und der nächste nach Berlin führen. Ich weiß noch, wie wir uns mit 14, 15 über MySpace Nachrichten mit The XX geschrieben haben, als die noch keinen Plattenvertrag hatten. Deswegen war es für mich eine Selbstverständlichkeit, dass meine Veröffentlichungen in diesem deutschen Konstrukt stattfinden müssen. Aber lehn erst mal als junge deutsche Band das Angebot eines Labels ab, das in Deutschland sehr gut Clubtouren buchen kann, nur weil es womöglich auf deutschsprachigen HipHop spezialisiert ist und keine internationalen Strukturen hat.

Trotz deiner Tendenz zum Schweigen überrascht es doch, wie viel Zeit du dir für das Debüt gegönnt hast. Hat man da nicht die Angst, dass selbst ein Ritterschlag von Pitchfork irgendwann vergessen ist?
Lauber: Das große Interesse war der Grund, warum ich in den letzten zwei Jahren frühmorgens aus dem Bett gekommen bin. Vielleicht hat es von außen so gewirkt, als hätte ich aufgehört – hinter den Kulissen war es genau andersrum. Man nimmt eben nur einmal im Leben ein Debütalbum auf, und so habe ich in den letzten zwei Jahren 15 neue Stücke gemacht, von denen es viele auch nicht auf das Album geschafft haben. Außerdem war es mir extrem wichtig, mich klarer zu definieren und ein Popalbum mit klassischem Songwriting aufzunehmen. Ich wurde ja immer auch als DJ im Elektroumfeld wahrgenommen, was natürlich daran lag, dass ich am Anfang ziemlich viel aufgelegt habe. Jetzt spiele ich mit der Band nur noch Livekonzerte und spare mir die DJ-Sets für ein paar wenige, besondere Anlässe.

Während du früher gern betont hast, Musik für eine Weltflucht zu benutzen, hat man bei den melancholischen Texten des Debüts jetzt mitunter schon den Eindruck, dass du persönliche Dinge verarbeitest.
Lauber: Vermutlich ist „Closer“ der persönlichste Text, den ich jemals rausgebracht habe. Trotzdem ist da immer noch genug abstrakte Sprache vorhanden, als dass ich mich ausgezogen fühlte. Von Anfang an habe ich da mit einem Trick gearbeitet und mir in Gedanken eine Figur erschaffen, für die ich produziere. Das hat sich immer kreativer angefühlt als wenn ich einfach so ins Studio gehe und drauflos mache. Vor allem hilft es mir, das alles nicht so krass an mich ranzulassen, was da passiert. Damit meine ich gar nicht so sehr Kritik, sondern eher den Umstand, auf großen Bühnen zu spielen. Insgeheim sehe ich mich wohl mehr als Produzent denn als Bühnenkünstler.

Du könntest dich bei Konzerten auch verkleiden oder dir zumindest wie Orlando Higginbottom alias TEED einen Federschmuck auf den Kopf setzen.
Lauber: Das wäre zu krass. Ich habe auch mal mit Orlando darüber gesprochen, und er macht das einfach, weil er den Abstand zwischen Publikum und Künstler so klein wie möglich halten will. Er ist dann kein Popstar, sondern einfach jemand, der da karnevalsmäßig auf einer Bühne rumturnt. Aber für mich würde das nicht funktionieren, weil es mir nicht entspricht. Oder vielleicht bin ich auch einfach nur zu eitel.

Interview: Carsten Schrader

CHECKBRIEF
NAME Marius Lauber
KÜNSTLERNAME Roosevelt
ALTER 25
GEBURTSORT Viersen
WOHNORT Köln
GENRE Elektropop, Discohouse, Clubpop
SPIELTE früher Schlagzeug bei der Band Beat! Beat! Beat!, die 2010 das Debütalbum „Lightmares“ veröffentlichte und von der britischen Musikzeitschrift NME wegen ihrer Mischung aus Indierock und Synthiepop als die deutschen Foals bezeichnet wurden
ERSTER SONG 2012 das Lofi-Video zu „Sea“, wegen dem er von Hot-Chip-Mitglied Joe Gobbard auf dessen Label Greco Roman unter Vertrag genommen wurde VERÖFFENTLICHTE im Juli 2014 die Debüt-EP „Elliot“
WAR als Support von Hot Chip und TEED auf Tour
REMIXTE unter anderem Tocotronic, Glass Animals, Jax Jones und Coma
FESTIVALS 31. 8. Pop-Kultur, Berlin 18. 9. Golden Leaves, Darmstadt 29. 10. New Fall, Düsseldorf
LIVE 14. 10. München, 15. 10. Leipzig, 17. 10. Köln, 18. 10. Hamburg

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