Sanuyé über „We all become Stories“: Leichtfüßiger Ernst

Egal, ob man es Jazz, Soul oder Chanson nennt: Die Songs, die Katharina Koch für ihre Band Sanuyé schreibt, balancieren zwischen musikalischer Leichtigkeit und düsteren Texten.
Katharina, euer Bandname Sanuyé hat mir erst mal gar nichts gesagt, und Googeln hilft auch nur bedingt …
Katharina Koch: Sanuyé ist ein Vorname, der eine superschöne Bedeutung hat: eine rote Wolke, die beim Sonnenuntergang angestrahlt wird. Ich habe lange nach einen passenden Namen gesucht, denn ich wollte nicht, dass unser Name so jazzmäßig das Katharina Koch Septett ist – das passt einfach nicht zu unserer Musik.
Dein Verhältnis zu Jazz ist ja generell etwas zwiespältig, oder?
Koch: Alle aus der Band haben Jazz studiert und sich auf diese Weise kennengelernt. Natürlich haben wir einen Jazz-Einfluss. Aber ich höre eben auch gerne Pop, oder Soul, oder Rap. Ich möchte einfach das schreiben, was ich in meinem Kopf höre. Wenn das in ein Genre passt, ist das schön, aber ich will mich nicht festlegen müssen.
Du hast nicht nur fast alle Musik, sondern auch alle Texte auf euren Debütalbum geschrieben. Was kommt zuerst?
Koch: Das ist total unterschiedlich. Es reicht von einem Gedicht, das erst mal eine Weile rumliegt, zu einer Melodie, die mir einfällt und die ich in der Bahn in mein Handy singe, was immer etwas peinlich ist. Manchmal wache ich nachts um drei auf, setze mich ans Klavier, und ein halber Song ist fertig. Wenn man sich nur die Texte durchliest, sind die ja oft eher nicht so happy – es lässt sich erahnen, dass etwas Unschönes vorausgegangen ist. Deswegen versuche ich, sie nicht allzu schwermütig zu vertonen, auch einfach, damit ich sie später auf der Bühne noch singen kann. (lacht)
Wie reagieren die Leute, wenn du in der Bahn singst?
Koch: Das ist dann natürlich nicht volle Lautstärke, eher so … (summt etwas Unverständliches) Ein full-blown Konzert würde ich da nicht geben. (lacht)
Auch „We all become Stories“ als Ganzes kombiniert ernste Themen mit oft leichtfüßiger Musik.
Koch: Die Themen, die ich inhaltlich anspreche, sind welche, mit denen sich viele Leute identifizieren können: Jeder hat schon mal einen heartbreak erlebt, hat etwas Traumatisches mitmachen müssen oder war unglücklich verliebt. Wenn ich etwas schreibe, dann, weil es rausmuss, aber auch, damit Leute es hören und ihre eigenen Gefühle mitbringen. Ich finde es schön, eine Projektionsfläche zu schaffen, einen weiteren Klangraum.
Mit „No War to be won“ ist auch ein explizit politischer Song auf dem Album, was im Jazz ja bis heute nicht die Norm ist. Hast du dabei an den aktuellen Krieg in Europa gedacht?
Koch: Tatsächlich ist der Song schon etwas älter, er ist nach Halle und Hanau entstanden. Damals habe ich mit Schrecken mitbekommen, was passiert, und gedacht: Das kann doch nicht wahr sein! Ich habe mich als Einzelperson sehr machtlos gefühlt, diesem rechten Terror etwas entgegenzusetzen. Um irgendetwas zu sagen, habe ich diesen Song geschrieben. Aber immer, wenn ich ihn performe, denke ich bis heute, wie aktuell er klingt.