Scott Adlerberg: Graveyard Love

Das Fenster zum Friedhof: Scott Adlerberg spielt in seiner rabenschwarzen Story raffiniert mit der Unzuverlässigkeit seines Ich-Erzählers.
Kurt Morgan hätte nie gedacht, dass sein Leben einmal gruseliger als seine geliebten Horrorfilme werden würde. Der 35-jährige erfolglose Schriftsteller lebt am Rande von New York im Haus seiner exzentrischen Mutter, die ihn zum Schreiben ihrer Memoiren verdonnert hat. Täglich diktiert sie ihm selbstverliebt Episoden ihres Lebens, die er zu einem Bestseller pimpen soll. Doch Kurt interessiert sich mehr für die geheimnisvolle rothaarige Frau mit dem schwarzem Umhang, die er regelmäßig in der Abenddämmerung auf dem gegenüberliegenden Friedhof sieht. Als er sie immer weiter stalkt, bemerkt er, dass sie offenbar ein erotisches Ritual in einem Mausoleum vollzieht. Kurt versucht, die schöne Friedhofsfrau Catherine kennenzulernen und ihre Obsession zu verstehen. Dabei kommen ihm aber ein merkwürdiger Todesfall und ausgerechnet seine Mutter in die Quere. Scott Adlerberg spielt in seiner rabenschwarzen Story raffiniert mit der Unzuverlässigkeit des Ich-Erzählers Kurt. Wer von den drei Protagonisten wohl am meisten einen an der Klatsche hat, erfährt man erst nach einigen raffinierten Wendungen. Doch muss man kein Psychotherapeut sein, um diese Geschichte zu lieben. Neben einigen elegant eingewobenen Filmverweisen verbeugt sich Adlerberg mit der langwierigen Entsorgung einer Leiche auch vor Alfred Hitchcocks makaberem Humor. Ein großer morbider Spaß, bei dem am Ende die letzten Schreie durch einen geschlossenen Sargdeckel verstummen … nh
Scott Adlerberg Graveyard Love
ars vivendi, 2019, 220 S., 18 Euro
Aus d. Engl. v. Jürgen Bürger