Seafret im Interview zu „Wonderland“: „Das ist dann wohl der TikTok-Effekt“
Jahre später wird plötzlich ihre allererste Single zum Riesenhit. Und so langsam merken Seafret auch, welche Konsequenzen das eigentlich hat.
Jack, ich vermute, du kannst dich sehr gut an den Tag erinnern, an dem ihr euch mit Seafret einen TikTok-Account zugelegt habt.
Jack Sedman: Oh ja, als wir benachrichtigt wurden, dass unser Song „Atlantis“ bei TikTok durch die Decke geht, haben wir uns hektisch angemeldet, und wir sind so zappelig gewesen, bis die Verifizierung endlich abgeschlossen war. Ich hatte absolut keine Ahnung, was es zahlenmäßig bedeutet, wenn ein Song da viral geht, denn für mich ist das bis zu jenem Tag einfach eine Plattform gewesen, die für Leute ist, die viel jünger sind als ich. Es ist komplett irre: Wenn ich da heute mit Hashtag nach „Atlantis“ suche, werden etwa 1,8 Billionen Videos gelistet.
Dank TikTok hat der Song mit mehr als sechs Jahren Verspätung ja 2022 auch die Charts erobert.
Sedman: Wir haben sehr davon profitiert. Ziemlich schnell hatten wir eine Million Follower – doch unsere Plattenfirma hat uns gewarnt, dass man die bei TikTok auch sehr schnell wieder verliert. Bis heute konnten wir die Zahl aber stabil halten, und ich denke, einige von denen haben sich dann auch wirklich intensiver mit unserer Musik auseinandergesetzt.
„Wonderland“ von Seafret: Out Now!
Hat sich euer Publikum verändert?
Sedman: Erst nach der Tour werden wir das genauer wissen. Bislang ist jedes Alter bei unseren Konzerten vertreten gewesen, aber der Schnitt hat etwa bei 18 bis 25 gelegen. Kann sein, dass der jetzt auf 16 bis 21 runtergeht. Das ist dann wohl der TikTok-Effekt. (lacht)
Hat der Erfolg von „Atlantis“ den Druck auf euer neues Album erhöht?
Sedman: Zum Glück sind die Songs schon fast fertig gewesen, als all das passiert ist. Andererseits haben wir schon immer die Musik gemacht, die wir auch gefühlt haben, und ich glaube nicht, dass wir der Versuchung erlegen wären, ein Stück zu schreiben, das genau wie „Atlantis“ klingt.
„Wonderland“ ist ein sehr optimistisches Album mit großem Vertrauen in die Liebe.
Sedman: Tatsächlich sind viele der Songs in einer für uns eher dunklen Zeit entstanden. Es war kein bewusster Vorsatz, aber vermutlich haben wir mit unserer Musik versucht, die Dinge ins Positive zu wenden. Harry hat mit dem Verlust seines Vaters klarkommen müssen, und so sind es häufig auch Erinnerungen an unbeschwerte Kindheitsmomente, die uns Halt gegeben haben.
Nostalgie, die nicht nur wehmütig stimmt, sondern auch Trost spendet und zum Aufbruch gemahnt?
Sedman: Ich bin schon sehr nostalgisch – und zugleich aber auch zwanghaft im Jetzt. Mein Sohn wird in ein paar Tagen ein Jahr alt, und ich versuche, diese Zeit so intensiv wie möglich zu erleben. Mitunter habe ich das Gefühl, ich bemühe mich zu angestrengt, im jeweiligen Moment zu sein, dass ich verkrampfe – und ihn vielleicht gerade dadurch verpasse.
In „See, I’m sorry“ singst du: „I can’t say it to your face but I can say it in a song.“ Echt wahr?
Sedman: Kennt nicht jeder diese Situationen, in denen man lieber eine Nachricht schreibt statt anzurufen? So in etwa fühlt sich das an. Als wir den Song als Single veröffentlicht haben, kamen so viele Nachfragen von meinen Freund:innen, was ich denn Schlimmes ausgefressen habe. Dass diese Zeile so viel Aufsehen erregt, hätte ich niemals erwartet. Und ich schwöre, so schlimm ist es wirklich nicht gewesen. (lacht)