Simone Lappert: Der Sprung
Eine junge Frau droht, sich von dem Dach eines Hauses zu stüzen – und konfrontiert eine ganze Stadt mit ihren Abgründen.
Schon in dem Debütroman „Wurfschatten“ erzählte die Autorin Simone Lappert von den Angststörungen einer jungen Frau, die nicht mehr in der Lage ist, ihre Wohnung zu verlassen. Mit ihrem Zweitling „Der Sprung“ geht die Schweizerin nun noch einen Schritt weiter, indem sie den Schmerz und die Versehrungen einer ganzen Stadt offenlegt: Eine junge Frau klettert auf das Dach eines Mietshauses, wirft mit Dachziegeln nach der unter ihr versammelten Menge und droht damit, sich in den Tod zu stürzen. Für einen Tag und eine Nacht hält die junge Frau die Stadt in Atem, während die Menschen im nahen und entfernteren Umfeld sich im Angesicht der Umstände mit ihren eigenen Abgründen konfrontiert sehen.
Sei es der Polizist Felix, der Auseinandersetzungen mit seiner schwangeren Freundin scheut und seine Nächte damit verbringt, funktionsfähige Elektrogeräte auseinanderzunehmen oder die übergewichtige Winnie, die mit Ausreden nach einem Weg sucht, nicht am Sportunterricht teilnehmen zu müssen, um den Herabwürdigungen durch ihre Klassenkameraden zu entgehen: Indem Lappert die Geschehnisse aus verschiedenen Perspektiven schildert, zeigt sie, dass auch all die anderen Figuren einen guten Grund hätten, auf das Häuserdach zu klettern.
Gerade aus diesem Ansatz heraus ist Lapperts Erzählhaltung so zeitgemäß: Weil sie ihre Geschichte als Verknüpfung verschiedener Handlungsstränge inszeniert, schafft sie es, ein komplexes Ganzes zu kreieren, das zu keinem Zeitpunkt mehr sein will, als ein Miteinander verschiedener Perspektiven.
Simone Lappert Der Sprung
Diogenes, 2019, 336 S., 22 Euro
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