Russell Crowe als Detektiv ohne Gedächtnis: „Sleeping Dogs – Manche Lügen sterben nie“
Ein ehemaliger Polizist mi Alzheimer rollt einen alten Fall noch einmal auf, an den er keine Erinnerung hat. „Sleeping Dogs“ erinnert nicht von ungefähr an Klassiker wie „Memento“.
Schlafende Hunde soll man nicht wecken – so geht das Sprichwort. Vor allem nicht, wenn man sich gar nicht mehr daran erinnern kann, wie der Hund eingeschlafen ist. Wenn diese Metapher etwas bemüht und holprig daherkommt, ist das Absicht, denn es passt zu „Sleeping Dogs – Manche Lügen sterben nie“, einem Psychothriller, der nur dank Hauptdarsteller Russell Crowe zusammengehalten wird. Crowe spielt den ehemaligen Polizisten Roy Freeman, der dank einer Alzheimer-Erkrankung im Ruhestand ist. Dank einer experimentellen Therapie soll sich sein Gedächtnis wieder verbessern, doch für den Moment muss er sich behelfen, indem er seine Wohnung mit beschrifteten Klebebandfetzen etikettiert.
Das ist nur der erste, beileibe aber nicht der letzte Moment in „Sleeping Dogs“, der an Christopher Nolans „Memento“ erinnert, in dem ebenfalls ein gedächtnisloser Mann gegen das eigene Vergessen ankämpft. Wie Guy Pearces Leonard in Nolans Thriller will auch Roy einen Mord aufklären, allerdings einen seiner eigenen Fälle. Vor zehn Jahren hat er einen Mann für den Mord an Dr. Joseph Wieder (Marton Csókás) vor Gericht gebracht, heute soll dieser hingerichtet werden. Doch der Verurteilte besteht bis heute auf seiner Unschuld. Mit seinem ehemaligen Partner rollt Roy den Fall noch einmal auf, denn er will nicht schuld am Tod eines Unschuldigen sein. Dabei stößt er auf die Aufzeichnungen des anderen Verdächtigen Richard Finn (Harry Greenwood), der ein komplexes Beziehungsgeflecht zwischen sich selbst, Dr. Wieder und der mysteriösen Laura Baines (Karen Gillan) beschreibt. Doch Finn ist gerade erst verstorben. Schnell ist klar, dass nichts ist, wie es scheint. Wenn Roy sich doch nur erinnern könnte …
Zahlreiche Rückblenden, widersprüchliche Aussagen und viele dunkle Geheimnisse: Regisseur Adam Cooper spielt in seinem Spielfilmdebüt mit Themen wie Zeit und Wahrheit. Das erinnert nicht nur an „Memento“, sondern auch an andere Thriller aus den 90ern und frühen 2000ern wie „Fight Club“ oder „The Machinist“, in denen weder Publikum noch Protagonist immer sicher sein können, was real ist und was nicht. So hat „Sleeping Dogs“ etwas Nostalgisches, vielleicht auch für Russell Crowe selbst: Immerhin hat er auch in „A beautiful Mind“ einen Mann gespielt, der dem eigenen Kopf nicht trauen konnte.
Doch im Gegensatz zu den genannten Filmen ist „Sleeping Dogs – Manche Lügen sterben nie“ nicht formal interessant oder wagemutig genug, um die abstruseren Elemente der Prämisse vergessen zu machen. Auch die Frage nach dem eigentlich Schuldigen ist keine brennende, vor allem, nachdem der ermordete Dr. Wieder als ziemlicher Unsympath etabliert worden ist. Dazu gesellen sich einige Momente unfreiwilliger Komik – zumindest wirken sie unfreiwillig. In einer Szene etwa zählt der verliebte Richard Finn die vielen positiven Attribute von Laura Baines auf, während er sie bei einem Uni-Empfang beobachtet: Sie kann fachmäßig über Psychiatrie reden, fließend Französisch sprechen und Shakespeare zitieren. Der Film schneidet nach jedem erwähnten Skill zurück zu Laura, die diesen prompt demonstriert – offenbar alle in demselben kurzen Gespräch mit Kollegen.
Es sind solche Momente, die zwar einen guten Teil des Unterhaltungswerts von „Sleeping Dogs“ ausmachen, doch es ist schwer zu glauben, dass das beabsichtigt war. Einzig Crowe in der Hauptrolle hält den Film zusammen: Er gibt seiner Rolle eine Gravität, die ihr das Drehbuch nicht unbedingt zugesteht. Diesen Anker braucht der Film, und sein Gewicht hätte noch mehr getragen: noch mehr Absurdität, noch mehr Verwirrung, noch mehr Science-Fiction, die Roys experimentelle Alzheimer-Therapie ja ist. So bleibt „Sleeping Dogs“ am Ende müder als erhofft.