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Schöne neue Welt

Smerz
(Foto: Benjamin Barron and Bror August)

Ob es nur an der cleveren Kombi ihrer Studienfächer liegt? So innovativ wie das Album von Smerz klang schon lange kein Debüt mehr.

Catharina, ihr seid bereits seit einigen Jahren als Smerz aktiv und habt viel Aufmerksamkeit bekommen. Verglichen mit früheren EPs liegt der Fokus vom Debütalbum jetzt aber nicht mehr so stark auf der Clubmusik.

Catharina Stoltenberg: Vor gut zwei Jahren haben wir die Entscheidung getroffen, radikaler zu sein und wirklich jede unsere musikalischen Vorlieben einfließen zu lassen. Das war der Startpunkt für das Album. Ob Barockmusik, R’n’B, Trance, HipHop-Beats oder traditionelle Musik aus Norwegen: Mit all diesen Einflüssen wollten wir komplett hierarchiefrei experimentieren.

Mit dem Internet wurden die Genregrenzen eingerissen, und mittlerweile sind Grenzgänge etabliert. Liegt es an der Einarbeitung norwegischer Folklore, dass euch mit „Believer“ ein nie zuvor gehörter Sound gelingt?

Stoltenberg: Henriette und ich haben früher im Chor gesungen, und wir sind beide mit der traditionellen Musik unserer Heimat sehr vertraut. Trotzdem geht es uns nicht um eine zeitgemäße Anverwandlung. Entscheidend ist wirklich, dass es keinen dominanten Einfluss gibt. Auch wenn wir die alten Genregrenzen überwunden haben, gibt es in der gegenwärtigen Musik ja durchaus die Tendenz, dass ästhetische Muster ständig wiederholt werden. Es besteht die Gefahr, dass sich neue Genres bilden, die einfach nur neue Grenzen ziehen.

Ihr habt mit der Musik erst gemeinsam losgelegt, nachdem ihr beide für ein Studium nach Kopenhagen gezogen seid. Während Henriette Komposition studiert hat, hast du deinen Master in Mathematik gemacht. Konntest du den auch für Smerz verwerten?

Stoltenberg: Für mich waren die Verbindungslinien extrem wichtig, und sie haben kreative Prozesse in Gang gesetzt. Mit den perfekten System der Mathematik versuche ich, unserer unberechenbaren Welt beizukommen. Und auch mit der Musik zeichne ich nach, was das Chaos der Welt mit mir macht. Natürlich geht es da nicht um ein Ergebnis, das von allen als richtig abgenickt wird. Aber ich versuche mit der Musik, Räume zu öffnen und erfahrbar zu machen.

Besteht da nicht die Gefahr, dass es zu akademisch und verkopft wird?

Stoltenberg: Wir lassen die persönliche Ebene ja ganz bewusst nicht außen vor. Auch wenn der Computer bei Smerz unser wichtigstes Instrument ist, arbeiten wir etwa mit Improvisationen gegen die Kontrolle an, die wir mit ihm ausüben können. Meiner Meinung nach sind es immer dieser kleinen Verschleppungen und Unebenheiten, mit denen Musik einen neuen Blick auf das Chaos der Welt ermöglicht.

Believer ist gerade erschienen.

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