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Spielen für den Frieden: Tingvall Trio im Interview zu „Pax“

Das Tingvall Trio vor einem rotem Hintergrund
Tingvall Trio: Jürgen Spiegel, Omar Rodriguez Calvo, Martin Tingvall (v. l.) (Foto: Steven Haberland)

Das Tingvall Trio gibt es seit mehr als 20 Jahren. Doch so explizit politisch hat es noch nie geklungen. Wir haben mit dem Jazz-Trio gesprochen.

Martin, euer neues Album heißt „Pax“. Ich muss wohl nicht fragen, worum es bei diesem Titel geht …
Martin Tingvall: Das Album ist ein Zeichen für den Frieden, es steht im Gegensatz zu dem Wahnsinn, der gerade auf der Welt passiert. Das hat sich schon auf dem Vorgängeralbum „Birds“ angedeutet; leider hat sich diese Entwicklung ja rasant fortgesetzt.

Hattet ihr beim Schreiben konkrete Krisen im Kopf?

Tingvall: Eigentlich geht es um die generelle Situation. Aber klar: Wenn Hunderttausende Menschen im Sudan sterben, geht es uns leider nur selten richtig nah, weil es so weit weg ist und kaum darüber berichtet wird. Wenn eine Katastrophe in der Nähe ist, betrifft einen das stärker – ich glaube, das ist auch ein Schutzmechanismus. Aktuell haben wir nun mal Krieg in Europa. Und den Klimawandel spürt man ja auch immer stärker. Es ist auf einmal alles um die Ecke.

Gleich der erste Track „Open Gate“ weckt natürlich bestimmte Assoziationen. Ist er als politisches Statement gemeint?

Tingvall: Ja, es wird ja gerade extrem viel über Grenzen diskutiert – Grenzen auf, Grenzen zu, zu wenig Immigration, zu viel … Aber wir müssen als Menschen nun mal zusammenleben. Wir teilen uns diesen Planeten. Ich habe lange in Malmö gelebt, das ist eine fantastische Stadt. In der Gegend, in der ich gewohnt habe, haben vielleicht zwei Drittel der Leute einen Migrationshintergrund. Malmö hat sich auch in meiner Musik niedergeschlagen. Ich finde es total spannend und toll, wenn unterschiedliche Menschen und Richtungen aufeinandertreffen. Ein wichtiges Jahr in meinem Leben war, als ich als Student in Holland war. Dort habe ich Menschen aus der ganzen Welt auf kleiner Fläche getroffen – großartig!

Kann Musik auch ein Mittel sein, Grenzen zu überwinden?

Tingvall: Auf jeden Fall! Wir machen ja Musik ohne Text, aber Musik ist auch eine Sprache – vielleicht die größte Sprache der Welt. Sie ist ein Ventil, um zu reflektieren, auf andere Gedanke zu kommen, sie bietet etwas Schönes, Tröstliches im Kontrast zum Rest der Welt. Nicht ohne Grund ist „Pax“ wohl das ruhigste Album, das wir bisher gemacht haben. Doch obwohl es viele Balladen darauf gibt, hat es auch sehr viel Power.

Welche Alben hörst du selbst, um Trost oder Ruhe zu finden?

Tingvall: Mein Ventil ist weniger, Musik zu hören, als Musik zu schreiben. Das mache ich jeden Tag – natürlich kommt nicht jeden Tag ein toller Song dabei heraus. Vielleicht habe ich daher leider einfach nicht genug Platz, um auch noch viel zu hören. Aber es gibt natürlich fantastische Sachen! Früher habe ich mehr Musik gehört, Arvo Pärt, Bach und Grieg. Vor ein paar Wochen war ich beim Sweden Rock Festival, da gab es Heavy Metal – so was mag ich auch total gerne, die Energie einer Rockband. (lacht)

Aber zum Trost setzt du dich lieber ans Klavier?

Tingvall: Manchmal auch an den Computer. Musik ist mein bester Freund. Früher war ich ganz viel allein auf dem Land in Schweden, da ist es oft dunkel, und es gibt nichts zu tun. Aber ich habe mich nicht eine Minute gelangweilt, sondern es genossen: so viel Zeit, um Musik zu machen, was für ein Glück!

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