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Wortgefechte zur Lage der Ehe

Das Drehbuch ist von Nick Hornby, Regie führte Stephen Frears: Die Wortgefechte in der Serie „State of the Union“ im Ersten sind Pflicht.

Louise (Rosamund Pike) ist exakt vier Mal fremdgegangen, während der Sex von ihr und ihrem Mann Tom (Chris O’Dowd) im Koma liegt. Das sind im Wesentlichen die Gründe dafür, warum sich die beiden jetzt einmal in der Woche bei einer Paartherapeutin austauschen, um ihre Ehe wieder ins Lot zu bringen. Die Serie „State of the Union“ zeigt immer die Zeit vor den Therapieterminen. Louise und Tom treffen sich in einem Pub schräg gegenüber von der Praxis auf ein Bier (Tom) und einen Weißwein (Louise), sie sprechen über die Kinder, über Louises Fremdgehen (zählt es als einfaches oder vierfaches Vergehen? Die beiden sind da grundsätzlich unterschiedlicher Meinung), über ihre Beziehung in der Vergangenheit und über die Zukunft. Vor allem aber beobachten sie die Klientenpärchen der Paartherapeutin vor und nach ihnen, bemitleiden sie oder beneiden sie, kurz: Sie tratschen verdammt viel.
Das aber auf hohem Niveau: Das Drehbuch stammt vom Schriftsteller Nick Hornby, Regie führte bei der Miniserie mit zehn Folgen á zehn Minuten kein anderer als Stephen Frears. Da herrscht permanent Sarkasmusalarm, und weder Louise noch Tom lassen die Gelegenheit verstreichen, pointenreiche Breitseiten zu verteilen. Dann kommt schon mal raus, dass Tom aus purem Trotz ihren linken Freunden und Verwandten gegenüber für den Brexit gestimmt hat. Doch für einen richtigen Eklat sorgt auch dieses Geständnis nicht, und das ist vielleicht die Schwachstelle der Serie: Das Geplaudere der beiden hat keine tiefer gehenden Konsequenzen, Tom und Louise erwecken von Anfang an den Eindruck, dass sie schon wieder zusammenfinden werden, denn so fremd sind sie einander nicht, und siehe: Einige Wochen später und nachdem Tom zwischendurch sogar mal ausgezogen war, schlafen sie wieder miteinander und erwägen, die Sitzungen mit der Paartherapeutin bald einzustellen.
Ach ja: Die Grundkonstellation ist typisch Nick Hornby: Sie erfogreiche Ärztin, er seit über einem Jahr arbeitsloser Musikkritiker und ständig klamm. Die Themen, wenn mal nicht über die Beziehung gesprochen wird, sind oft mit popkulturellem Hintergrund versehen und in diesen Fällen vor allem für Tom von übertriebener Bedeutung. jw

„State of the Union“ kann im linearen Fernsehen am Stück als Spielfilm geschaut werden, in der Mediathek wird er als Serie angeboten.

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