Pubertäre Träume
|Steven Wilson lässt sich von exzentrischen Kolleg*innen inspirieren – um dann doch lieber auf dem Teppich zu bleiben.

Steven, ich sehe im Hintergrund, dass die Plattensammlung in deiner Wohnung eine gesamte Wand ausfüllt. Welches Alben hast du dir zuletzt angehört?
Steven Wilson: Das war gestern Abend die Deluxe-Edition von Prince’ „Sign o’ the Times“. Ein Jahrhundertwerk. In meiner Jugend hing sein Poster bei mir im Zimmer.
Du hast mit 15 in deiner ersten Band gespielt. Wolltest du wie Prince sein?
Wilson: Nein, denn mir war schon klar, dass dieser Wunsch zwecklos ist. (lacht) Als junger Gitarrist und Songwriter habe ich eher Heavy-Rock-Bands wie Saxon und Iron Maiden nachgeeifert. Mit den Jahren aber wurden jene Musiker für meine Karriere zu Bezugspunkten, die sich nicht auf ein Genre beschränken mochten – neben Prince vor allem David Bowie, Kate Bush und Frank Zappa. Diese Musiker*innen haben ihre eigenen Welten kreiert und und mich zu dem Künstler gemacht, über den die Leute heute sagen: Er spielt Steven-Wilson-Musik.
Du sagst, „12 Things I forgot“ sei das einzige Stück deines neuen Album „The Future bites“ , das du an der Gitarre komponiert hast.
Wilson: Das ist wahr, alle anderen sind auf verschiedenen elektronischen Geräten entstanden. „12 Things“ ist eine klassische Singer/Songwriter-Rockballade in der Tradition von Elton John, E.L.O. und „My Sweet Lord“ von George Harrison. Eigentlich passt sie nicht zu den übrigen Songs, doch mir gefällt diese Ballade einfach unheimlich gut.
Im Text meckerst du, dass in den Achtzigern alles besser gewesen sei. Ist man mit 53 schon alt genug, um die Vergangenheit zu verklären?
Wilson: Man ist immer alt genug, um die Vergangenheit zu verklären. (lacht) Die Ankerzeit des Lebens ist einfach die, in der du bestimmte Entdeckungen und Erfahrungen zum ersten Mal machst. Musik, Filme, Mädchen, Jungs – was immer es ist, diese Zeit des Wunderns und Staunens prägt dich für immer.
Ist das fast zehnminütige „Personal Shopper“ deine Kritik an unserer Konsumbesessenheit?
Wilson: Kritik trifft es nicht ganz, denn ich bilde die Situation ja eher ab. Die Idee zu der Nummer kam mir im Urlaub, als ich an der Bar mit jemandem ins Gespräch gekommen bin, dessen Job es ist, Klicks bei Amazon in tatsächliche Käufe umzuwandeln. Natürlich werden wir im Internet manipuliert, Dinge zu kaufen, die wir nicht brauchen. Aber der Song ist eigentlich lustig gemeint. Auch ich shoppe viel zu viel online.
Mitten im Song liest plötzlich Elton John eine Liste mit absurden Luxuskonsumartikeln vor.
Wilson: Ganz am Ende von „Rocketman“ sagt Elton, er habe alle Süchte besiegt – bis auf eine. Und als nächstes sieht man ihn vollbepackt mit Einkaufstüten. Elton ist der berühmteste Konsument auf Erden. Ich habe ihn angerufen, und er hat sofort den Witz verstanden und zugesagt.
Elton, Bowie, Prince. Steven, wärst du auch gern ein schillernder Popstar?
Wilson: Der Teil von mir, der immer noch 13 Jahre alt ist, wäre gern ein solcher Paradiesvogel. Doch mit der Musik, die ich machen möchte, wird das für immer ein pubertärer Traum bleiben.
The Future bites ist gerade erschienen.
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