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Still Stiller: Sportfreunde Stiller im Interview zu 20 Jahre „Burli“

Die Sportfreunde Stiller sind 2024 auf großer Tour.
Die Sportfreunde Stiller sind 2024 auf großer Tour. (Foto: Sebastian Madej)

Früher mit Armani-Mantel im Bällebad, heute politischer Aktivismus. Und trotzdem bleiben die Sportfreunde Stiller gerne die feierwütigen Proleten.

Rüdiger, ihr feiert das 20-jährige Jubiläum eures Klassikeralbums „Burli“. Überwiegt da der Stolz oder der Schreck übers eigene Alter?

Rüdiger „Rüde“ Linhof: Wir sind alle drei um die 50, ich bin da völlig easy. Keine Wehmut, nur saulustige Erinnerungen, obwohl ich die eine oder andere Situation nicht gebraucht hätte.

Und zwar?

Rüde: Man muss als Musiker akzeptieren, dass man auch mal in die Scheiße tritt. Mit ein bisschen gesunder Selbstironie kommt man da aber wieder gut raus. Also sich umdrehen und anerkennen: Fuck off! Ich bin schon so weit, ich kann gar nicht mehr riechen, wie die Scheiße stinkt. (lacht) Das gilt etwa für ein Fotoshooting mit dem Rolling Stone. Nicht nur, dass da seltsame Wortfetzen herausgepickt wurden, wir sahen auch einfach komplett lächerlich aus: in transparenten Regenmänteln von Armani in ’nem Bällchenbad. (lacht)

Dennoch wirkt ihr sehr im Reinen mit eurem damaligen Band-Ich.

Rüde: Wir waren damals so tief drin, es ging immer um alles. An jedem Song, an jedem Basssound hat die Zukunft der Band gehangen. (lacht) Unglaublich aufreibend. Der Spaß am Behaupten, Suchen und Feiern hat zum positiven Krachen und Knarzen geführt. Einmal waren wir zusammen in einer Ferienwohnung und haben uns tagelang nur per Rülpser unterhalten. Einer ist sogar auf der Platte gelandet. Auf diesem Level waren wir unterwegs: zwischen totalem Blödsinn bei gleichzeitigem Ringen. Wir haben aber immer unser Ding gemacht. Etwa Ticketpreise von 20 auf 18,60 Euro heruntergesetzt.

Wegen 1860 München, nehme ich an. Die Fußballreferenzen sind auf „Burli“ ohnehin allgegenwärtig. Damals waren es Anspielungen auf Roque Santa Cruz oder Benny Lauth. Welche Spieler wären es heute?

Rüde: Vermutlich so ein Typ wie Thomas Müller. Aber ich muss gestehen, dass ich im Gegensatz zu Peter und Flo gar nicht tief im Thema Fußball stecke. Ich bin aktuell eher im politischen Aktivismus versunken.

Das heißt?

Rüde: Wir stehen vor der größten Herausforderung für unsere Demokratie seit dem Fall des Eisernen Vorhangs. Wir Sportfreunde sind sehr aktiv in der Ukrainehilfe, haben jetzt schon vier Rettungswagen finanziert und einen Kultur-Konvoi gegründet, wo wir gemeinsam mit anderen deutschen Künstler:innen Geld sammeln. Wenn wir in Zukunft wieder Marschmusik spielen wollen, dann können wir gerne weiter über Fußball reden und die Augen verschließen.

Da ist euer öffentliches Image aber ein ganz anderes.

Rüde: Wir sind gerne die feierwütigen Proleten, aber in uns war schon immer mehr. Früher war es uns bloß peinlich, über politische Dinge zu sprechen. Ich wollte nicht so ein pseudointellektueller Laberkopf sein. Heute hat sich unser Engagement einfach normalisiert, vieles dringt gar nicht nach außen. Das sagt viel darüber, wie sehr so ein Image überlebt – und das ist auch völlig okay.

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