„Stonehouse“: Ein Spion liefert Ramschware
In der Arte-Mediathek und bald auch auf Arte wird der britische Dreiteiler „Stonehouse“ gezeigt. Ein trotteliger Minister wird erpresst und deshalb zum Spion.
Als der britische Labour-Abgeordnete John Stonehouse – gerade frisch ernannter Luftfahrtminister der Regierung Wilson Ende der 1960er Jahre – auf Dienstreise in Prag sich von seiner Dolmetscherin flachlegen lässt, wird alles gefilmt und Stonehouse mangels anderer attraktiver Optionen Spion der Tschechoslowakei. Die dreiteilige Dramakomödie „Stonehouse“ wurde nach wahren Begebenheiten gedreht und kann jetzt in der Arte-Mediathek gestreamt werden und läuft bald auch linear auf Arte.
Die Miniserie „Stonehouse“ auf Arte und in der Mediathek ist eine typisch britische Dramakomödie. Einerseits wird John Stonehouse (Matthew Macfadyen, „Robin Hood“, „Frost/Nixon“) als ziemlicher Trottel dargestellt. Er versteckt seine Bezahlung als Spion in Form von Bargeld in einem Koffer im Schlafzimmerschrank, eröffnet schließlich Konten mit Namen wie Vorausschauende Investitionsholding, investiert in Schrottfirmen wie Rotweinkenner GmbH, Excalibur-Gewinngruppe oder Asbestofenhanschuh GmbH. Andererseits tut das seiner Karriere zunächst keinen Abbruch – Stonehouse wird sehr zum Stolz auch seiner Frau Barbara (Keeley Hawes, „Crossfire – Tod in der Sonne“, „Bodyguard“ ) Postminister. Doch als Spion ist er ein derartiger Versager, dass sein tschechoslowakischer Kontaktmann immer unwirscher in seiner Kritik wird. Schon bald öffnet sich die Tür zur tschechoslowakischen Bortschaft überhaupt nicht mehr. Als Wilson die Wahlen 1970 verliert, wird Stonehouse nicht ins Schattenministerium aufgenommen. Doch das Einkommen eines normalen Abgeordneten reicht für seinen Lebenswandel längst nicht mehr aus, während Presse und Polizei sich für seine seltsamen finanziellen Aktivitäten zu interessieren beginnen. Als auch noch die Zahlung der Schulgebühren für die drei Kinder in Verzug gerät, scheint für den Abgeordnete und Spion alles den Bach runterzugehen, und Stounehouse entscheidet sich für einen ganz verwegenen Plan. Auf Dienstreise in Miami täuscht er seinen Tod vor, doch selbst das vermasselt er … „Stonehouse“ mischt die dramatische familiäre Komponente der Handlung sowie die von Stonehouse verursachten politischen Turbulenzen mit einem trotteligen Charakter der Hauptperson. Die Konsequenz: Manchmal weiß man schlicht nicht, ob eine ganz bestimmte Handlung, Geste, Aussage ernsthaft oder komisch zu verstehen ist – zu sehr schwankt hier die Haltung. Ausnahme: John Stonehouse. Ihm kann man keinen dramtischen Status zuerkennen, denn sein Charakter bleibt schlicht undurchschaubar oberflächlich. Somit bleibt im Zweifel immer nur der Lacher. Das kann man durchaus akzeptieren, seltsam ist es allerdings schon. Schließlich lebte John Stonehouse ja wirklich, war Abgeordneter und Minister und damit ein Mensch des öffentlichen Lebens.