„Die Neuronen schnuppern an den Sounds“: Tangerine Dream begeistern im Konzertklub

Auch ohne Gründungsmitglieder auf der Bühne überzeugt die Elektroband auf ganzer Linie. kulturnews-Leser berichten.
Das Prinzip des kulturnews-Konzertklubs ist mittlerweile bekannt: Wir schicken Fans zu den Konzerten ihrer Lieblingskünstler:innen. Eintritt müssen sie keinen bezahlen, die einzige Bedingung ist, dass sie uns im Nachhinein von ihren Erfahrungen berichten. Das klappt nicht nur mit Popstars wie James Blunt, sondern auch mit Acts, die vielleicht weniger Fans mobilisieren können, aber dafür großen Einfluss auf die Musikgeschichte. Acts wie Tangerine Dream, die legendäre Elektroband, die neben Kraftwerk ganz oben auf der Liste steht, wenn es um die Vorreiter des Genres geht. Zwar ist bei den aktuellen Konzerten der Band kein Gründungsmitglied mehr dabei – unsere Abgesandten waren trotzdem hin und weg. Aber lest selbst:
Volker (Gebläsehalle Neunkirchen)
Das Industriedenkmal „Gebläsehalle Neunkirchen“, wo einst der Wind für die Neunkircher Hochöfen erzeugt wurde, diente als Veranstaltungsort für das Konzert von Tangerine Dream. Die Elektronik-Pioniere begeisterten beim zweieinhalbstündigen Konzert in der Gebläsehalle ihr Publikum. Man fühlte sich wie auf einer Reise durch Raum und Zeit; am Ende des Konzerts gab es Standing Ovations.
Das Konzert begann mit einer Begrüßung durch Thorsten Quaeschning, dem musikalischen Leiter der Band. Thorsten Quaeschning ging bei der Ansage zu Konzertbeginn auch auf die Eigenheit der Konzerthalle ein. Er demonstrierte sehr eindrücklich, wie sich verschiedene Töne auf den Raum auswirken. Beim Einspielen einzelner Töne waren die Schwingungen in der Luft und der Einrichtung der Gebläsehalle zu spüren. Er kündigte alte, neue und ganz alte Songs an. Dies sollte die einzige Ansage des Abends bleiben.
Der Konzerteinstieg war sphärisch mit Synthesizerflächen, danach ging es mit den Beats weiter. Es gab nur wenige Pausen, oft gingen die Stücke ineinander über. Prägendes Stilmittel waren Synthieflächen und Arpeggiatorlinien, die von Paul Frick moduliert wurden. Als Dritte im Bunde setze Hoshiko Yamane an der Geige Akzente. Normalerweise besuche ich Rock- oder Metal-Konzerte, dieser Abend war das absolute Kontrastprogramm, aber ich bin sehr gut unterhalten worden. Man muss sich eben auf die Musik einlassen. Dies war an dem Abend aber gut möglich, wegen der einfachen, aber effektvollen und auf den Punkt gebrachten Lichtshow. Die drei Musiker/innen hatten sichtlich Spaß am Set, der sich auf das Publikum übertrug.
Klaus-Dieter (Laeiszhalle, Hamburg)
Sehr gespannt, was auf uns zukommt, betraten wir die ehrwürdige Hamburger Laeiszhalle. Im gut gefüllten Rund des Zuschauerraumes begangen die heutigen jungen Mitglieder dieser mehr als 50 Jahre bestehenden Elektro-Musikband ein zweieinhalbstündiges fulminantes Konzert!
Thorsten Quaeschning, der seit mehr als zehn Jahren der musikalische Direktor der Band ist, verschanzte sich dabei hinter einer Auswahl von Synthesizern. Paul Frick bediente die Keyboards. Die Japanerin Hoshiko Yamane fügte dem Soundteppich der Herren immer wieder ihr Live-Violinen-Spiel hinzu. Die Drei eint, dass sie 1967, dem Entstehungsjahr von Tangerine Dream, noch nicht mal geboren waren!
Der Abend war ein wunderbares Nostalgie-Erlebnis der frühen 70er Jahre (1.Teil) mit zusätzlich überraschend neuen modernen Elektrosession (2.Teil)! Die Neuronen schnuppern an den Sounds und sind sofort bei der Sache. Um dann völlig aufzugehen in hypnotischen Klangwelten voller Zartheit und Getöse, Höhen und Tiefen. Man findet sich wieder unter endlosen Kaskaden, inmitten sich in Ewigkeit dehnender Muster und Mysterien, ist gefangen in sich ständig aufbauender Struktur, die irgendwie nie fertig wird, und millimetergenau eskalierender Schönheit, gefangen auch zwischen den Sequenzer-Rhythmen, die auf staunenswerte Weise umeinander hüpfen.
Derart schwebend in der eigenen Zeitlosigkeit, merkt man auf einmal: Man ist ja gar nicht allein im kalten Universum. Alles lebt! Hochmoderner Ambient-Sound aus den sphärischen Synthesizer-Klängen lässt einen Raum voller Klangkraft und Emotionen entstehen! Großer Jubel des überwiegend älteren Publikums förderte zahlreiche Zugaben hervor, die keine der Anwesenden kalt ließen! TOLL! TOLL! Danke!
Holger (Isarphilharmonie, München)
Es war ein von Beginn an sehr beeindruckendes Erlebnis: Nach einer persönlichen Begrüßung und Einführung durch den Bandleader Thorsten Quaeschning wurden sowohl Klassiker als auch neuere Werke in einer klanglich und visuell beeindruckenden Show zum Besten gegeben. Beendet wurde das Spektakel mit einer improvisierten Live-Session, die speziell an die Akustik der Isar Philharmonie angepasst wurde. Wahnsinn. Für die Dauer von rund zweieinhalb Stunden(!) bot das elektronisch-ausgetüftelte Konzert ein intensives und nachhaltig-tolles Hörerlebnis.
kulturnews-Community
Du willst auch Teil unserer kulturnews-Community werden und als Reporter:in für uns umsonst auf Konzerte oder Festivals gehen? Dann abonniere hier unsere Newsletter oder stöber in unserem Community-Bereich.