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Kunst am eigenen Körper

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(Foto: Adobe Stock, © Erica Smit)

Piercings, Tattoos, Bodybuilding: Die Stilistierung des eigenen Körpers ist heute voll im Trend. Aber handelt es sich dabei um Kunst?

Die Kunst am eigenen Körper findet sich in vielen Traditionen und Kulturen wieder. Dabei hat sie sich über die Jahrhunderte stark gewandelt. Auch aktuell gibt es eine Reihe von Trends, die von den Menschen mit Begeisterung aufgenommen und umgesetzt werden. Vor allem Tätowierungen und Piercings können als Körperkunst bezeichnet werden, im weitesten Sinne vielleicht aber auch das Bodybuilding.

Historisches – Ein kurzer Überblick

Nicht erst in der Neuzeit, schon vor vielen Jahrhunderten spielten Verzierungen des menschlichen Körpers in verschiedenen Kulturen eine Rolle. Sowohl Malereien auf und unter der Haut, als auch Körperschmuck in Form von ersten Frühformen des heutigen Piercings übten eine Anziehung aus.

Erste Tätowierungen

Tätowierungen haben eine lange Geschichte. Ein besonders prominentes Beispiel ist der Ötzi. So fanden sich an einzelnen Körperstellen der ungefähr 5300 Jahre alten Eismumie Einritzungen verschiedener Symbole. Afrikanische, asiatische und polynesische Kulturkreise waren ebenfalls früh mit der Tätowierkunst vertraut. Belege hierfür reichen bis zu einem Zeitpunkt ungefähr 500 Jahre vor Christi Geburt zurück.

Die polynesische Sprache verlieh den Malereien in und auf der Haut ihren heutigen Namen. Der Begriff Tätowierung entstand aus dem Wort „tatau“, was in Polynesien „Zeichen“ bedeutete. Schlussendlich brachte der britische Entdecker Thomas Cook die Kunst im Rahmen seiner Reisen im 18. Jahrhundert nach Europa.

In europäischen Gefilden waren Tätowierungen gesellschaftlich zunächst weit entfernt von jeglicher Form der Anerkennung. Vielmehr dienten sie als Körperschmuck für Randgruppen, die dadurch ihre kulturelle Identität als Außenseiter ausdrückten und manifestierten.

Frühformen des Piercings

Piercings wiederum sind ähnlich alt. Erste Belege finden sich auf dem afrikanischen Kontinent. Zunächst aus Tierknochen- und Zähnen entstanden, schmückten frühe Versionen zunächst die Ohren, dann auch andere Körperteile.

Dabei war der Körperschmuck einerseits ein Beleg für die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Andererseits wurde er zu einem Teil von gewissen Riten, beispielsweise Hochzeiten oder dem erwachsen werden. Piercings spielten also schon vor langer Zeit eine wichtige gesellschaftliche Rolle. Auch heute noch haben solche Formen des Schmucks in verschiedenen Kulturkreisen eine tiefere Bedeutung.

Bodybuilding – Fitness oder Körperkunst?

Nicht nur Tätowierungen und Piercings sind ein Teil der Körperkunst. Alternativ zum Schmücken mit Farbe oder Accessoires kann ein lebendes Kunstwerk auch durch Veränderungen am Körper selbst entstehen.

So ist das Bodybuilding von einer Nischenerscheinung über die letzten Jahrzehnte zu einem gesellschaftlichen Trend gewachsen. Auch für Hobbysportler stellt diese Form des Trainings oft eher einen Lifestyle als ausschließlich körperliche Betätigung dar.

Allerdings gibt es Unterschiede zwischen einem Fitnessprogramm und echter Körperkunst. Die Übergänge sind fließend, ab einem gewissen Punkt jedoch kann der Körper eines Bodybuilders aufgrund der Muskelmasse und Ästhetik durchaus als Kunstwerk bezeichnet werden.

Die Differenz zwischen einfachem Sport und wirklicher Körperkultur machen vor allem Faktoren wie die Ernährung und verschiedene zusätzliche Hilfsmittel aus. Nach einiger Zeit kann eine Steigerung des Trainingserfolges nur noch durch ein detailreiches Wissen sowie die Fortentwicklung von Supplements und Trainingsplänen erreicht werden. Hierzu bietet die heutige Wissenschaft stetig neue Forschungsergebnisse.

Wo zu Beginn eine einfache Proteinquelle genügte, sind dann schon feinste Unterscheidungen der ausschlaggebend. Dazu können verschiedene Wirkungsweisen von pflanzlichem und tierischem Eiweiß gehören. Fette und andere Stoffe wie beispielsweise Taurin spielen ebenfalls eine tragende Rolle.

Die Grenze zwischen Fitnesstraining und Körperkunst könnte also da angesetzt werden, wo aus dem Hobby Bodybuilding eine Passion wird, die den gesamten Alltag beeinflusst, wodurch entsprechend eindrucksvolle Ergebnisse erzielt werden. Der Fokus liegt dann nicht mehr auf der individuellen Fitness, sondern auf rein ästhetischen Aspekten.

Piercings heute – Gesellschaftliche Akzeptanz und Trends

Von den ersten Entwicklungsphasen bis in die heutige Zeit wurde die Piercingkultur stark professionalisiert. Dabei ist neben Trends und ästhetischen Aspekten vor allem die Vermeidung von negativen gesundheitlichen Konsequenzen durch besonders sauberes Arbeiten und die richtige Pflege immer bedeutsamer geworden.

Verbreitung und Akzeptanz

Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass die Mehrheit der gepiercten Personen weiblich und der Schmuck vor allem im Kopfbereich zu finden ist. Nasenpiercings sind besonders weitverbreitet. Vor allem jüngere Träger des Schmucks neigen eher dazu, nicht nur ein Piercing, sondern gleich eine Vielzahl von Steckern zu tragen. Für diese Menschen ist der Schmuck ein regelrechter Kult und nicht selten auch Bestandteil ihrer persönlichen und gesellschaftlichen Identität.

In älteren Generationen ist diese Form des Körperschmucks aber eher unbeliebt. Die meisten Menschen über 60 und eine ebenfalls überwältigende Mehrheit der 30-59-jährigen könnten sich nicht vorstellen, ein Piercing zu tragen.

Kaum vorstellbar ist für viele Menschen andererseits eine grundsätzliche gesellschaftliche Ausgrenzung wegen eines Piercings. Ein anderes Bild zeigt sich in der Arbeitswelt. Gerade in repräsentativen Berufen, beispielsweise bei einer Bank oder einer Versicherung, in das Tragen häufig untersagt.

Aktuelle Modeerscheinungen

Über die Jahre haben sich die Trends im Bereich der Piercingkultur stark diversifiziert. Aktuell liegt beispielsweise das „High Nostril Piercing“, das auf einer höheren Stelle gestochen wird, als es bei einem Nasenpiercing in der weitverbreiteten Form üblich ist, im Trend.

Auch „Surface-Piercings“ sind beliebt. Diese werden nicht einfach durch die Haut gestochen, sondern an einer Stelle herein und an einer weiteren wieder heraus. Gängige Körperstellen hierfür sind unter anderem der Handrücken oder das Dekolletee. Wiederentdeckt wurde der Trend zum „Septum-Piercing“.

Diese besondere Form des Nasenpiercings besteht aus einem Ring, der durch die Naseninnenwand gestochen wird und so besonders auffällig ist. Alleine diese drei Varianten zeigen, wie vielfältig und wandlungsfähig die Piercingkultur ist.

Tätowierungen – Zwischen Tradition und Mode

Tätowierungen können einerseits hochtraditionell sein, andererseits entwickeln sich immer wieder neue Modeerscheinungen. Zudem haben sich die Stile über die Jahrzehnte weltweit stark diversifiziert, gerade der kulturelle Hintergrund der Entstehung eines bestimmten Tattootypus spielt eine entscheidende Rolle.

Über Jahrhunderte hat sich eine Szene und in der heutigen Gesellschaft relevante Kultur entwickelt. Kaum verwunderlich also, dass den bekanntesten Künstlern in deutschen Großstädten sogar mitunter Ausstellungen gewidmet werden.

Foto: Adobe Stock, © Nejron Photo

Traditionelle Stilrichtungen

Es gibt verschiedene Arten traditioneller Tätowierungsstile, die über Jahrzehnte und teilweise Jahrhunderte ihre Relevanz behalten haben und bei Kennern sehr beliebt sind. Dazu gehören unter anderem:

  • Black & Grey
  • Oriental (Japan-Stil)
  • Old School

Für Tätowierungen, die im Stil Black & Grey gestochen werden, wird nur schwarze Farbe verwendet. Der Hintergrund: Die Richtung entstand in amerikanischen Gefängnissen, wo nur schwarze Tinte vorhanden war. Black & Grey ist als quasi aus der Not geboren und hat sich über die Jahrzehnte immer weiter verbreitet.

Ebenfalls traditionell und nach wie vor sehr gefragt sind Tattoos im japanischen Stil, auch Oriental genannt. Die Motive erzählen Geschichten und haben oft eine tiefe Bedeutung, was sie für den jeweiligen Träger sehr wertvoll macht. Oriental Tattoos wurden über mehrere Jahrhunderte weiterentwickelt und hatten auch zu Beginn bereits oft einen spirituellen Wert.

Eine dritte bekannte Stilrichtung trägt den Namen „Old School“ oder auch „Traditional“. Diese gibt es seit dem 16. Jahrhundert, vor allem bei Seefahrern war der Stil äußerst beliebt. Old School-Tätowierungen Zeichnen sich vor allem durch eine Reihe typischer Motive aus. Dazu gehören unter anderem Kreuze, Anker und Adler.

Aktuelle Trends

Abseits dieser altbewährten Stile gibt es Richtungen, die aktuell besonders in Mode sind. Dazu gehören:

  • Dotwork
  • Realistic

Beim Dotwork wird nicht, wie sonst üblich, in Linien gestochen, sondern in einzelnen Punkten, die sich dann zu einem Gesamtbild verbinden. Vor allem Mandalas sind beliebte Motive dieser Stilrichtung. Auch der Realistic-Stil, bei dem Motive so gestochen werden, dass sie der Wirkung eines Fotos nahekommen, erfreut sich aktuell besonderer Beliebtheit.

Haarpigmentierung

Foto: Adobe Stock, © Stocked House Studio

Abseits der bekannte Tattoostile ist seit einiger Zeit ein praktischer Nutzen hinzugekommen. So besteht für Menschen mit starkem Haarausfall die Möglichkeit, sich quasi eine Kurzhaarfrisur tätowieren zu lassen und damit Medikamente oder eine Haartransplantation zu umgehen.

Allerdings wird das Verfahren, das sich Haarpigmentierung nennt, in vielen Fällen nicht von Tätowierern, sondern von Spezialisten aus dem kosmetischen oder medizinischen Bereich umgesetzt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Tattoos findet eine Farbe mit eintönigen Pigmenten Verwendung. Auf diesem Wege kann Tätowiertechnik nicht nur als Körperkunst dienen, sondern auch auf nachhaltige Art und Weise die Lebensqualität verbessern.

Fazit

Sowohl Tätowierungen, als auch Piercings spielen für die Identifikation und die künstlerische Veränderung des Körpers eine große Rolle. Beide Ansätze haben eine lange Tradition, die gesellschaftliche Akzeptanz ist bis zu einem gewissen Grad gegeben. Auch Bodybuilding kann unter gewissen Umständen als Körperkunst bezeichnet werden. Alle Arten der Verschönerung des Körpers werden sich auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiterentwickeln und verschiedene Modeerscheinungen hervorbringen – und das ist gut so.

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