„Teddy“ von Emily Dunlay

Emily Dunlay lässt in „Teddy“ eine Frau um ein Leben in Glamour kämpfen – koste es, was es wolle …
„Teddy“ von Emily Dunlay ist unser Krimitipp der Woche.
Jung, makellos, elegant und selbstbewusst: Die stilvoll inszenierten Models in der Vogue und in Harper’s Bazaarsuggerieren ein Frauenbild, das in der Wirklichkeit wohl bestenfalls als zeitweilige Fassade existiert. Teddy Huntley wähnt sich im Sommer 1969 dem suggeriertem Glück näher als die Nasa-Astronauten ihrer ersten Mondlandung. Mit 35 Jahren wird es aber auch allerhöchste Zeit, in Luxusgarderobe an der Seite eines erfolgreichen Mannes ihre Tennisbräune zu zeigen. Damit würde sie auch der Bevormundung ihrer reichen Familie aus Dallas entfliehen, die stets um ihren guten Ruf in der High Society bemüht ist. Sie lernt den Diplomaten David Shepard kennen, mit dem sie gleich beim ersten Date in seinem Hotelbett im Statler Hilton landet. Viel zu schnell geht’s zum Traualtar und nach den Flitterwochen auf Capri gen Rom. Dort tritt David eine Stelle in der amerikanischen Botschaft an, welche ein Sprungbrett zum US-Senator sein könnte. Davon ist zumindest Teddys Onkel Hal überzeugt, der sich selbst schon als nächsten US-Präsident wähnt. Doch landet Teddy in der damaligen Modemetropole nicht so sanft wie die Apollo 11 im Mare Tranquillitatis. Das kleine Appartement im Viertel Travestere ist überhaupt nicht fancy. David lässt Teddy mit knappen Taschengeld tagelang allein. Wenn er beruflich nicht in Mailand ist, erzählt er kaum von seiner Arbeit und erwartet, daß morgens Eier mit Speck sowie ein frisch gestärktes Hemd bereitliegen. Teddy schlendert durch Rom, plündert Davids Konto und kauft sich ein Kleid von Valentino, um es bei einer der legendären Botschaftspartys tragen zu können. Vielleicht bringt sie gar ein Paparrazzo in die Glamour-Presse.
Die US-amerikanische Autorin Emily Dunlay steigert in ihrem Debütroman langsam die Neugier, weil sie all dies von Teddy bei einem freundlichen Gespräch mit zwei italienischen Ermittlern und reichlich Bourbon berichten lässt, während das blutbefleckte Partykleid versteckt unterm Bett liegt. Die Erzählung springt so immer wieder in der Zeit, scheinbar unbedeutende Ereignisse fügen sich nach und nach gekonnt zusammen. Ob Teddy uns und den Detektiven die vollständige Version erzählt, ist zunächst allerdings nicht klar. Teddy wird – so viel darf verraten werden – zum Spielball in einer Intrige, gerät dabei in eine kompromittierende Lage und erlebt den damals noch stärker verbreiteten sexistischen Machtmissbrauch. Wer für den fesselnden Pageturner die Vogue zur Seite legt und mitfiebert, wird erleben, wie sich die zunächst naiv erscheinende Teddy mutig und selbstaufopfernd gegen diese Männer behauptet. Schließlich kann ein Mädchen aus Texas auch mit einer Schusswaffe umgehen … Emily Dunlay zeichnet mit ihrer komplexen Hauptfigur eine ungewöhnliche Selbstfindung, die perfekt in den politischen und gesellschaftlichen Kontext der späten 60er passt. Wer möchte da nicht eine schöne Frau im heißen Sommer ’69 durch Rom begleiten und von ihr die Vor- und Nachteile einer Paco-Rabanne-Handtasche erfahren?
Mit „Teddy“ hat es Emily Dunlay auf unsere Liste der besten Krimis im Juli 2025 geschafft.