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The Colorist & Emiliana Torrini: The Colorist & Emiliana Torrini

Es sind diese besonderen Momente, die uns zur Kehrtwende animieren. Selbst, wenn sie so profan sind wie bei Emiliana Torrini der Gedanke an den Waschtag.

Emiliana Torrini auf den Song anzusprechen, der ihr vor sieben Jahren zum Durchbruch verholfen hat, ist problematisch. Schließlich definiert die Musikerin „Jungle Drum“ selbst als „Fehler in der Matrix“. Weil er so wenig ihr Gesamtwerk als Künstlerin reflektiert. „Plötzlich wurde alles, was ich zuvor gemacht habe, auf nichts reduziert. Alle sagten: ,Du hast es endlich geschafft! Nachdem du den beschwerlichen Berg der Berühmtheit hinaufgekrochen bist.‘ Und ich meinte nur: ,Da wollte ich aber nie hin.‘“

Trotzdem spricht die quirlige 39-Jährige sichtlich entspannt über diese Zeit. Ganz so, als habe sie dem Gipfel der Berühmtheit gelassen den Rücken gekehrt, um weiterhin ihr eigenes Ding zu machen. Dazu gehört auch, nach ihrem 2013 erschienenen Album „Tookah“ gefestigte Bandstrukturen zu verlassen, um sich musikalisch auf unbeständige Zufallstrips zu begeben. „Ich habe 15 Jahre mit meinem Produzenten und meiner Band zusammengearbeitet, aber irgendwann bemerkte ich, dass ich beim Singen Dinge gedachte habe wie: ,Verdammt, ich habe meinen Pulli nicht gewaschen.‘ Da wusste ich, es ist Zeit für etwas Neues.“

Wie gut, dass sie ausgerechnet zu dem Zeitpunkt der Anruf des Jazzmusikers Sebastian Studnitzky erreicht. Der Berliner fragt an, ob er Torrinis alte Songs für ein Streichquartett neu arrangieren könne. Sie willigt ein, ohne je etwas von Studnitzkys Arbeiten gehört zu haben. Ein paar Monate später reist sie für das verabredete gemeinsame Konzert nach Berlin und staunt: „Als ich ankam, gab es kein Streichquartett, sondern eine experimentelle Jazzband.“
Sie proben zwei Stunden, und trotz aller Erfahrung hat Torrini Mühe, beim gemeinsamen Auftritt mitzuhalten. Der Beginn einer wunderbaren Neuausrichtung: „Dieser Gig veränderte mein Leben. Davor war ich ein richtiger Kontrollfreak, und bei diesem Konzert wurde mir klar, dass es das ist, was ich tun und wie ich touren will.“
Statt alles durchzuorganisieren, setzt die Musikerin seitdem auf Vertrauen, Aufgeschlossenheit und Uneitelkeit. In den vergangenen drei Jahren spielte Torrini nur noch mit Leuten, die sie einluden, mit ihr aufzutreten. Einzige Bedingung: Die Musiker suchen die Songs aus und arrangieren sie gegebenenfalls neu. So landet die Musikerin in kanadischen Wohnzimmern, bei einer spanischen Sinti- und Romasippe oder, wie für ihr aktuelles Livealbum, bei den Zita-Swoon-Mitgliedern Aarich Jespers und Kobe Proesmans. Um mit Torrini zu spielen, gründeten die Belgier kurzerhand das achtköpfige Colorist Orchestra. „Sie fragten mich, ob ich vorher nicht etwas hören wollte, und ich sagte: Macht einfach einen Song, schickt ihn mir – aber wirklich gekümmert hat es mich nicht, ich hätte auch einfach so mitgemacht“, erzählt Torrini mit derselben Unbeschwertheit, mit der sie auch das Interview führt – ausladende Anekdoten, untermalt von abwechslungsreicher Mimik und Gestik inbegriffen.
Als Torrini zwei Tage vor dem geplanten Gig mit dem Colorist Orchestre anreist, ist sie überwältigt von den handgemachten Instrumenten, dem Setup und den Leuten. Auf Anhieb ist der Musikerin klar, dass dies ein großartiger Moment ist, die Chemie zwischen ihnen stimmt, etwas, das sehr selten passiert. Schnell ist beschlossen, dass Torrini und the Colorist Orchestre ein Livealbum aufnehmen wollen. Das enthält neben neu arrangierten alten Songs – ja, auch „Jungle Drum – den gemeinsamen Song „When we dance“ sowie „Nightfall“ aus der Zusammenarbeit Torrinis mit Kid Koala. All das mystisch arrangiert zwischen elektronisch anmutenden und fantasievoll produzierten Analogklängen vor der unaufdringlichen Kulisse eines begeisterten Livepublikums.
Trotz ihrer Bereitschaft zur engen und intensiven Zusammenarbeit, die „The Colorist & Emiliana Torrini“ geprägt hat, ist die Musikerin sich sicher: Eine Band will sie nie wieder haben. „Ich liebe diese Freiheit und lerne so viel mehr bei dieser Art des Tourens als je zuvor.“ Wenn das mal nicht nach einer viel besseren Aussicht klingt als der auf dem Gipfel der Berühmtheit.

Text: Verena Reygers

CHECKBRIEF

BERUF Sängerin, Komponistin, Produzentin
GEBOREN in Island
ELTERN Mutter Isländerin; Vater Neapolitaner, den es langweilt, mit den stoischen Isländern weder streiten noch feilschen zu können.
LEBT HEUTE in Brighton
WAR mal Mitglied bei Gus Gus
SOLOALBEN: Acht
GRAMMY nominiert für Kylie Minogues Song „Slow“, den sie komponiert und produziert hat.
ERLEBNISSE AUF TOUR lernt in einem Café einen Mann kennen, der sie fragt, ob sie einen Wohnzimmergig in Kanada spielen wolle. Sie sagt: „Okay“. Er treibt einen Gitarristen auf und los geht es.
ANGEWOHNHEITEN AUF DER BÜHNE Seitdem sie alles etwas lockerer sieht, hat sie weniger Lampenfieber. Auch, weil sie angefangen hat, vor den Gigs etwas zu trinken, ein bisschen Wodka, nicht viel. Das führte allerdings dazu, dass sie auf der Bühne zu viel geredet und zu wenig gesungen hat.
ÜBER THE COLORIST ORCHESTRE „Sie haben eine sehr besondere Sicht auf die Welt, etwas Magisches. Sie sind eine große Familie, absolut einzigartig und ich hatte großes Glück, mit ihnen spielen zu dürfen.“

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