The Goon Sax: Lieben Sie Lynch?
Unheimlich gut: Auf das australische Indietrio The Goon Sax und sein Album „Mirror II“ trifft diese Bezeichnung wortwörtlich zu.
„Ich will lieber nicht darüber nachdenken, was mir diese Platte über mich offenbart“, sagt Riley Jones von The Goon Sax und lacht. „Zumindest noch nicht.“ Und Bandkollege Louis Forster springt ihr aus seinem Zoom-Fenster bei: „Wir wollten ja ganz explizit Songs, die uns selbst ein bisschen Angst machen, und gerade finde ich diesen Schwebezustand auch ganz schön.“ Tatsächlich hat sich das Trio aus dem australischen Brisbane einiges einfallen lassen, um das dritte Album zu einer verletzlichen Angelegenheit zu machen. Nachdem sie The Goon Sax bereits als Teenager gegründet hatten und für zwei wunderbar rumpelige Indiepop-Platten auch international viel Anerkennung einheimsen konnten, brauchten sie mit Anfang 20 eine kreative Auszeit. Während Jones und James Harrison die Postpunkband Soot an den Start bringen, zieht Forster nach Berlin und experimentiert in ganz unterschiedliche Richtungen. Doch spektakulär ist dann die Wiedervereinigung in Brisbane: Für neun Monate ziehen die drei in ein Haus, das sie nicht umsonst „Fantasy Planet“ nennen.
Von Harrison kommen die psychedelischen Schräglagen, Jones bringt noisige Elemente und Soundspielereien ein, und als Sohn des Go-Betweens-Musikers Robert Forster ist Louis natürlich für die großen Pop-Momente zuständig: Musikalisch zehrt „Mirror II“ von drei außergewöhnlichen Songwriter*innen und der Veredelung durch Starproduzent John Parish (PJ Harvey, Aldous Harding). Doch sind da eben auch diese Texte, die es locker mit jeden David-Lynch-Film aufnehmen können: Zwar geht es oft um Liebe, nur sind es immer Konstellationen, in denen eine*r mehr liebt, und es ist dieses unterschwellige Konfliktpotenzial, das ganz banale und vertraute Alltagsszenarien in Songs wie „Bathwater“ oder „Carpetry“ zur Bedrohung werden lässt. „Das Haus spielt da schon eine zentrale Rolle“, sagt Forster. „Der Song ,Psychic’ spielt etwa in dem Bild, das in meinem Zimmer gehangen hat.“ War „Fantasy Planet“ zunächst als kreativer Piks gedacht, so wurde es schnell zu einem Kampf gegen das Zuviel. „Ich war ständig damit beschäftigt, irgendwelchen Kram beiseitezuräumen – aber es wurde trotzdem immer mehr“, erzählt Riley. „Es war klaustrophobisch und auch psychologisch eine wahnsinnig intensive Zeit.“ Da ist man fast schon froh, dass der Song „Bathwater“ aus der Zeit vor dem gemeinsamen Wohnprojekt stammt. Wenn Forster auf Deutsch singt „Auf der Treppe stehst du/aber du kannst nicht rauf“, geht diese Zeile auf seine Zeit in Berlin zurück. „Ich habe damals in einem Kino gejobbt, und nach einer Nachtschicht kam ich nicht in meine Wohnung, weil ich die Schlüssel vergessen hatte“, löst er auf und lacht. „Zumindest dafür gibt es eine ganz normale Erklärung.“