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The Waterboys

Spirituelles Spülen

Seit 20 Jahren spielt Mike Scott mit den Waterboys den erdigsten Folkpop. Gedanklich orientiert er sich aber eher himmelwärts.

kulturnews: Mike, ich habe gelesen, dass du Popmusik nicht ernst nimmt. Wieso denn nicht?

Mike Scott: Nein, ich schenke Popmusik überhaupt keine Aufmerksamkeit – zumindest wenn du unter Popmusik die Musik aus den Charts verstehst. Warum sollte ich auch? Ich bin 44 Jahre alt, und die Charts sind für Zwölfjährige.

kulturnews: Mit den Waterboys pendelst du seit 20 Jahren zwischen Folk, Pop und Rock. Das aktuelle Album klingt sehr reduziert und aufs Songwriting konzentriert.

Scott: Nein, da stimme ich dir nicht zu. Ich glaube schon, dass es eine Menge Dekoration gibt. Schalldekoration, die manchmal ziemlich zart, manchmal aber auch sehr stark ist. Für mich ist es eine sehr spezifische Platte, die sich auf eine sehr direkte Art mit spirituellen Themen beschäftigt.

kulturnews: Daheim in Schottland lebst du in der Findhorn-Gemeinschaft …

Scott: Ja, das ist eine spirituelle Gemeinschaft, die Menschen aus unterschiedlichen Glaubensrichtungen vereint und Kurse und Workshops abhält. Als verbindende Philosophie dient die Überzeugung, dass eine geistige Ebene in jedem Moment unseres Lebens anwesend sein kann. Es geht darum, diese geistige Ebene in jede Handlung zu bringen – egal, ob es sich um Geschirrspülen oder Gartenarbeit handelt.

kulturnews: Aber ist es auf Dauer nicht schwierig, spirituelle Themen via Rockmusik zu transportieren?

Scott: Eine der großen Wurzeln der Rockmusik ist der Gospel. Die Musik der 60er und der Blues haben ebenfalls viel davon.

kulturnews: Aber im Vergleich zu den 60ern ist das Musikbusiness heute doch viel kommerzieller ausgerichtet.

Scott: Den dynamischen Kampf zwischen Kunst und Geld hat es damals auch schon gegeben. Neu ist heute vielleicht, dass du dank Studiotechnik und Videos auch ohne singen zu können ein Star werden kannst. Aber nichts davon betrifft mich. Ich folge einem anderen Weg.

kulturnews: Gibt es denn eine aktuelle Band, die du magst?

Scott: Nein. Ich mag die Musik einiger Bands, aber mit ihren Texten kann ich nichts anfangen.

kulturnews: Was stört dich denn an den Texten?

Scott: Nimm eine Band wie Radiohead. Sie kritisieren nur außerhalb der eigenen Person. Schuld an allen Problemen der Welt sind für sie die Politiker, die nicht für unsere Interessen sprechen. Wann dreht sich endlich ihr Finger und zeigt auf die eigene Person?

kulturnews: Aber Selbstreflexion kann und darf Kritik doch nicht vollständig ersetzen.

Scott: Diese Bands beschweren sich aber nur und verurteilen. Gerade mit Kritik an unseren Führungspersönlichkeiten habe ich ein Problem. Egal, ob du mit den politischen Handlungen und Absichten von George Bush übereinstimmst: Er ist Präsident der USA, und das ist ein verdammt schwieriger Job. Ich denke, er hat eine größere Chance, Entscheidungen mit Verantwortung und Mitgefühl zu treffen, wenn wir ihm guten Willen und Licht schicken stätt Ärger und Aggression. Wenn wir einem Politiker Liebe senden, dann ist es schwerer für ihn, dumme Sachen zu tun. Und das macht es auch für Bush schwieriger, Bomben zu werfen.

Interview: Carsten Schrader

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