Die Theaterwelt zu Gast bei Freunden
Angesichts von Corona, Klimakrise und Krieg will das Festival Theater der Welt eine von Fürsorge und Verantwortung geprägte Umgangsweise mit Umwelt, Gesellschaft und Kunst präsentieren – das klingt spannend!
Theater der Welt: Rückkehr nach 40 Jahren
Theater der Welt, das bedeutendste internationale Theaterfestival Deutschlands, kehrt nach fast 40 Jahren wieder in die Region Frankfurt Rhein-Main zurück und zeigt vom 29. Juni bis 16. Juli Theater, Tanz, Performance und installative Kunstformate aus aller Welt.
Zum ersten Mal keine europäische Programmdirektorin
Das Festival, gegründet Ende der 1970er-Jahre, wird alle drei Jahre an eine Stadt in Deutschland vergeben, die Städte müssen sich bewerben. 2020 fand das Festival in Düsseldorf statt, 1985 zuletzt in Frankfurt und Umgebung. Ziel von Theater der Welt ist es, wegweisende Leistungen und ästhetische Entwicklungen des internationalen Theaters aufzuspüren und zu zeigen. In Offenbach und Frankfurt gibt es dieses Jahr Premieren, Gastspiele, innovative, experimentelle, nachdenkliche, aufwühlende Bilder und Erlebnisse. Dazu gibt es partizipative Stadtprojekte mit Beteiligten aus Frankfurt und Offenbac, diese stellen eine Verbindung zwischen den beiden Städten, den Mitwirkenden und den Zuschauenden her.
Und das Festival wird zum ersten Mal von einer außereuropäischen Programmdirektorin geleitet: Die japanische Festivalmacherin Chiaki Soma reagiert mit ihrem kuratorischen Konzept auf die aktuellen Krisen von Pandemie, Klimawandel und Russlands Angriffskrieg: Die eingeladenen Künstlerinnen und Künstler erforschen mit ihren Projekten neue, von Fürsorge und Verantwortung geprägte Umgangsweisen mit Umwelt, Gesellschaft und Kunst. Die 16. Ausgabe von Theater der Welt ist initiiert und realisiert von den drei Frankfurter Kulturinstitutionen Künstler:innenhaus Mousonturm, Museum Angewandte Kunst und Schauspiel Frankfurt sowie dem Amt für Kulturmanagement der Stadt Offenbach als assoziiertem Partner.
Die Höhepunkte des Festivals sind zum Beispiel „A Conversation with the Sun (VR)“ des preisgekrönten thailändischen Filmemachers Apichatpong Weerasethakul, der zum ersten Mal mit virtueller Realität arbeitet. Auch zu Gast ist die israelische Choreografin Saar Magal mit „10 Odd Emotions“, einer künstlerischen Auseinandersetzung mit der Gegenwart und Genealogie antisemitischer und rassistischer Gewalt in Deutschland.
Im Museum Angewandte Kunst wird es einen Incubation Pod geben, eine Art große, erlebbare Traumwelt. Hier können Besucherinnen und Besucher an interaktiven Installationen, virtuellen Realitäten, Performances, Workshops und Gesprächen teilnehmen, die die Aspekte des Begriffs Inkubationismus aufgreifen. Programmdirektorin Chiaki Soma erklärt den Begriff Inkubationismus in Bezug auf das Festivalprogramm wie folgt:
„Mit dem Wort Inkubation verbinden sich verschiedene Assoziationen: einerseits das Entstehen von neuem Leben, andererseits die oft beunruhigende Phase vor dem Ausbruch einer Krankheit. Während der anhaltenden Covid19-Pandemie haben viele Menschen in Quarantäne oder in Selbstisolation Inkubationszeiten durchlebt, ohne zu wissen, wie lange diese Zustände andauern und wohin genau sie führen würden. Einige mögen solche Zeiten des Wartens als besonders einschränkend und unproduktiv empfinden. Ich glaube aber, dass uns durch Inkubationserfahrungen (im doppelten Sinne des Wortes) auch etwas bewusstwerden könnte. Zum Beispiel, dass wir alle potenzielle Patient:innen sind, die Fürsorge benötigen. Dass unsere Körper und unser Leben – ebenso wie die Viren – zu einem größeren Ökosystem gehören. Und dass wir daher lernen müssen, nicht-menschliches Leben und den Planeten als Ganzes zu respektieren, und dass unsere kognitiven und sozialen Systeme dringend auf Harmonie und Koexistenz mit allen Dingen auszurichten sind. Wir müssen uns (wieder) an unbestimmte, nichtlineare Zeitlichkeiten gewöhnen. Inkubationszeiten – Zustände der Ungewissheit und des Aussetzens – können auch als generatives Moment verstanden werden, vielleicht sogar als Quelle der Kreativität. Diese Haltung nenne ich Inkubationismus.“
Im Museum Angewandte Kunst werden die Arbeiten von folgenden Künstlerinnen und Künstlern zu sehen sein: Trajal Harrell (Zürich, Athen), Saodat Ismailova (Tashkent,Paris) Keiken (London, Berlin), BvdS (Amsterdam), Aya Momose (Tokio), Meiro Koizumi (Yokohama) und El Warcha (Tunis).