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„Torso“ von Soap&Skin: Eine neue Nähe

Soap&Skin_Announcement_PressShot_0 © by Katarina Šoškić_cropped
(Foto: Katarina Šoškić)

Nichts ist belangloser als ein Coveralbum! Außer, wenn Anja Plaschg alias Soap&Skin sich der Songs ihrer Vorbilder annimmt.

Als Anja Plaschg 2006 ihren ersten Song unter dem Künstlernamen Soap&Skin veröffentlicht hat, wurde der damals gerade mal 16-Jährigen schnell das Etikett „Wunderkind“ verpasst. Auch heute noch – fast 20 Jahre später – wird die Österreicherin als Wundertalent tituliert, deren Geheimwaffe weniger ihr elektronischer Pop als ihre künstlerische Kompromisslosigkeit zu sein scheint. Denn Plaschg schreibt, komponiert und produziert ihre Musik, verantwortet oft das gestalterische Gesamtpaket und arbeitet außerdem für Theater und Film – sogar als Schauspielerin.

Und nun also ein Coveralbum. Nicht ungewöhnlich für die Künstlerin: In ihrem Repertoire interpretierte Plaschg schon früh die Songs anderer, ob einen krediblen Klassiker von Nico oder einen Pophit wie „Voyage, Voyage“. Letzterer erscheint nun als gereifte lifetime version auf „Torso“. Es fühle sich gut an, auch mal von sich selbst wegzukommen, beschreibt Plaschg ihre Vorliebe für Coverversionen. Denn wo ihre eigene Musik oft schmerzhaft bis verstörend wirkt, schafft sie durch die Interpretation der Songs anderer eine ganz neue Nähe.

Dafür behält sie das Herzstück des Songs, wandelt das zugrunde liegende Genre aber in ihren eigenen elektronischen Kammerpop um: Statt auf Mandoline getrimmter Gitarre gibt es Waldhorn und Posaune (Sufjan Stevens’ „Mystery of Love“); statt Tamburin entfesselte Synthies (Velvet Undergrounds „Pale blue Eyes“). Auch den Blues Nina Simones erneuert Plaschg („Stars“), versetzt Shirley Basseys „Born to lose“ in ein sakrales Bekenntnis und besingt in 4 Non Blondes’ „What’s up“ die Revolution ungewohnt zärtlich. Nur vor David Bowies „Girl loves me“ verneigt sie sich mit einer originalgetreuen Version und überrascht mit Lana Del Reys „Gods and Monsters“ als digitaler Bonusversion.

Das Wunder dieser Künstlerin liegt in ihrer Fähigkeit, fremdem Material das eigene Herz zu transplantieren. Eine Operation, in der Schmerz von Bewunderung abgelöst wird, und man Anja Plaschg so unverletzt begegnet wie selten zuvor.

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