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Tot Taylor: The Story of John Nightly

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Tot Taylor zeigt mit seinem Roman „The Story of John Nightly", wie man Künstlerbiographien schreibt. Wichtig ist dabei der Abstieg, nicht der Aufstieg.

Leicht ist es nicht, und das erfahren vor allem die Leser*innen der guten, alten Buchausgabe mit diesem fast 1000 Seiten starken Ungetüm auch schön ganzheitlich. Doch auch der 64-jährige Autor hat ziemlich viel Mühe investiert: Tot Taylor, der in den 80ern mit diversen Formationen Platten eingespielt sowie das Liebhaberlabel The Compact Organization betrieben und später dann als Soundtrack-Komponist in Japan und Galeriebesitzer in London gearbeitet hat, wollte sich eigentlich mal eine Auszeit gönnen – und hat dann 15 Jahre lang an seinem Debütroman geschrieben. In „The Story of John Nightly“ erzählt er die Fake-Biografie eines Musikers, der im London der späten 60er-Jahre groß rauskommt und bis in die 70er hinein als Popstar gefeiert wird. Am Ende seiner Karriere ist Nightly 27, und Taylor gönnt der Geschichte vom Ruhm etwa 150 Seiten – die restlichen gut 700 spart er sich für Nightlys Abstieg und die folgenden 30 Jahre im Verborgenen auf. Zwar findet Taylors Antiheld mit der Blumenzucht eine neue Passion, die er mit einem millionenschweren Exportgeschäft auch überaus lukrativ betreibt, doch illustriert dieser neuerliche Erfolg eben auch ein zweites Mal dessen grundlegende Unfähigkeit zu zwischenmenschlichen Beziehungen.

Natürlich wäre es ganz und gar nicht nötig gewesen, den Roman mit eingestreuten Interviews und Plattenkritiken, der Regionalgeschichte Cornwells, Auszügen aus dem National Geographic und Nerdwissen über Tulpen aufzublähen. Doch Tot Taylor lässt durch diese Verzettelungen nicht nur seinen Protagonisten lebendig werden: „The Story of John Nightly“ ist eine Jahrzehnte umspannende Gesellschaftssatire, die das absurde Wesen des Pop ins Visier nimmt und der Kreativität in ihre Abgründe folgt.

 

Tot Taylor The Story of John Nightly

Heyne Encore, 2019, 960 S., 28 Euro

Aus d. Engl. v. Ingo Herzke, Bernd Gockel, Kristof Hahn, Stephan Glietsch, Philip Bradatsch, Alexander Wagner, Harriet Fricke u. Norbert Jakober

 

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