TV-Tipp: „Die Frau, die im Wald verschwand“
Das Leben des Ehepaars Vorweg sieht nach außen sehr harmonisch aus. Doch die Schuld der Vergangenheit holt langsam auf … Unser Filmtipp
Ein Verdienst der 68er-Bewegung: zumindest teilweise eine Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit zu erzwingen. Davon kann in den 50er-Jahren noch keine Rede sein. Hier führt Dr. Gerd Vorweg (Stefan Kurt) ein idyllisches, angesehenes Leben als Bürgermeister seiner Stadt. Seine Ehe mit Katharina (Karoline Eichhorn) ist nach außen harmonisch. Da verschwindet die Gattin von einem Tag auf den anderen. Ist sie etwa bei der Sprengung einer Fliegerbombe getötet worden? Aber wo sind dann die sterblichen Überreste?
Während Vorweg noch nach seiner Frau sucht, taucht auf einmal Horst Karg (Matthias Brandt) wieder in seinem Umfeld auf. Der erinnert den Arzt daran, dass er ihn im Krieg nach einer traumatischen Verletzung zurück ins Feld geschickt hat, obwohl Karg noch längst nicht bereit dafür war. Er macht Vorweg schwere Vorwürfe – und enthüllt zugleich, dass er dessen Frau weit besser kannte, als ihm lieb sein kann. Das Leben des Bürgermeisters war also längst nicht so perfekt, wie es den Anschein hatte. Doch genau diesen Anschein will Vorweg verteidigen – notfalls mit Gewalt …
In „Die Frau, die im Wald verschwand“ geht es um Schuld und Verdrängung. „Das war sehr typisch für die Zeit“, sagt Regisseur Oliver Storz. „Als Heranwachsender habe ich bemerkt, dass sich die Erwachsenen über ihre Vergangenheit eine bestimmte Version zurechtgelegt haben, die sie nach einer Weile selber glaubten. Das ist eine menschliche Eigenschaft, jeder von uns möchte ja besser dastehen, als er es wirklich tut. Auch Gerd Vorweg, der Oberbürgermeister, kann nur noch mit der Version leben, die er sich zurechtgelegt hat. Und dann kommt dieser Fremde und zerstört seine geschönte Biografie.“