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TV-Tipp: „Im Winter ein Jahr“ mit Karoline Herfurth

Im Winter ein Jahr
(Foto: © 2021 Constantin Film)

Eine wohlhabende und scheinbar harmonische Familie geht auf ungewöhnliche Weise mit dem Tod ihres Sohnes und Bruders um. Unser Filmtipp

Es gibt eine Szene in Caroline Links („Nirgendwo in Afrika“) Film „Im Winter ein Jahr“, die als Höhepunkt der Handlung angelegt ist und die in ihrer Preziösität zugleich den Tiefpunkt des Dramas markiert. Karoline Herfurth betritt als 22-jährige Lilli einen Ballettsaal, legt eine Peter-Gabriel-CD ein und tanzt sich mit improvisierten Schritten erst zaghaft, dann immer wilder ihre Trauer von der Seele.

Die Bilder dieses Tanzes verschneidet Link mit Aufnahmen von Lillis Mutter Eliane (Corinna Harfouch), die zeitgleich unter einem Baum im Garten des luxuriösen Münchner Familienanwesens zusammenbricht. Der Grund für den Schmerz der beiden Frauen ist der Verlust des Sohns und Bruders Alexander, der sich vor genau einem Jahr das Leben nahm.

„Im Winter ein Jahr“ erzählt davon, wie die Familienmitglieder mit dem Verlust umgehen. Lilli, deren Zerissenheit Karoline Herfurth überzeugend zum Ausdruck bringt, gibt sich kühl und selbstbewusst, sehnt sich aber insgeheim nach Wärme und Zuneigung. Eliane inszeniert den Verlust, lebt ihr Leid aus, verleugnet aber, dass der in der Erinnerung zum perfekten Teenager stilisierte Alexander sich selbst das Leben nahm. Vater Thomas schließlich hält sich aus allem raus, stürzt sich in seinen Job und eine Affäre.

Zum Bindeglied zwischen den Familienmitgliedern wird der Maler Max Hollander (großartig: Josef Bierbichler), der ein überdimensionales Porträt der beiden Kinder anfertigen soll und der durch seine Gespräche mit Lilli nach und nach die vielen Konflikte der Vorzeigefamilie zu Tage fördert.

Die Kunst Hollanders und die Tänze Lillis setzt Link geschickt ein: In Malereien, Fotografien und Bewegungen spiegeln sich letztlich die verschiedenen Stationen eines Trauerprozesses wieder. Schade, dass das Kunstvolle mehr als einmal ins Künstliche abrutscht. Das verleiht dem Film trotz der sinnlichen Bilder und der gut entwickelten Dialoge etwas plakativ Symbolisches und Distanziertes – und trägt das tiefemotionale Thema gerade in den entscheidenden Szenen fort von den Empfindungen des Zuschauers.

Text: Juliane Rusche

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