TV-Tipp: Tim Burtons „Alice im Wunderland“

Burtons blasse, melancholische Version des Kinderbuchklassikers wurde beim Release missverstanden – ist aber ein kleines Meisterwerk. Unser TV-Tipp

Manchmal braucht es ein bisschen Abstand, um einen Film wirklich zu schätzen. Im Kino hatte man den leider nicht. Die lang erwartete Adaption von „Alice im Wunderland“ startete, als in dem meisten Sälen noch „Avatar“ lief, dieser episch-kitschige Overkill aus Farben und Effekten. Dagegen kam Burtons blasse, etwas langsam in die Gänge kommende Coming-of-Age-Geschichte einer mittlerweile jugendlichen und desillusionierten Alice trotz herausragender visueller Ideen nicht an.

Und vielleicht war auch das Marketing falsch. Knallbunt waren die Plakate. Knallbunt ist aber eigentlich nur der verrückte Hutmacher (Johnny Depp), ein Relikt aus der Zeit, als das Wunderland noch ein spaßiger Kindheitsttraum der jungen Alice war. Bevor die rote Königin (Helena Bonham Carter) die Macht an sich gerissen hat. Das Nachkriegswunderland liegt genauso in Schutt und Asche wie Alices Selbstwertgefühl nach dem frühen Tod ihres Vaters.

Exzessiv und melancholisch, leise und überdreht zugleich: So zeichnet Burton 2010 das Wunderland. Mit einer Hauptdarstellerin (Mia Wasikowska), bei der man erst stutzt, die er aber letztlich besser nicht hätte auswählen können, weil sie Furcht und Stärke an der Schwelle zum Erwachsenwerden perfekt vereint. Tim Burton ist ein Regisseur, der sich noch nie scheute, ungewöhnliche bis unbequeme Wege zu gehen – und des Ergebnis gibt ihm Recht.

Text: Katharina Behrendsen

„Alice im Wunderland“ läuft um 20.15 Uhr auf RTL 2.