Unerhört lustig: Water From our Eyes im Interview zu „Everyone’s crushed“
Das innovative US-Duo Water From Your Eyes ist die spektakulärste Entdeckung dieses Sommers. Nur bei Neil Young ist das noch nicht angekommen.
Rachel, Nate, im Jahr 2016 seid ihr mit Water From Your Eyes als DIY-Projekt in Chicago gestartet, um sad dance music à la New Order zu machen. Inzwischen lebt ihr in New York, und wenn ihr jetzt bereits euer fünftes Album veröffentlicht, klingt ihr wie niemand sonst. Nehmt ihr das als Kompliment?
Rachel Brown: Klar, wenn ich selbst eine Band als abgedreht oder durchgeknallt bezeichne, meine ich es zumindest immer als Lob.
Nate Amos: Trotzdem ist es gar nicht unser oberstes Ziel, komplett eigenständig zu klingen. Es ergibt sich einfach, weil wir Pop und experimentelle Musik zu gleichen Teilen lieben.
„Everyone’s crushed“ klingt, als würdet ihr große Popmomente einfach aus dem Ärmel schütteln. Ist die eigentliche Herausforderung, da dann Noise, Polyrhythmen oder Elemente aus der zeitgenössischen Klassik zu integrieren und es trotzdem eingängig zu halten?
Amos: Die Popmomente sind viel schwieriger. Sie sind handwerklich zwar keine große Herausforderung, aber es gibt einfach schon so viel, dass man erstmal eine unverbrauchte Idee finden muss, die dann auch noch zu einer schrägen Vorlage passt.
Ihr verarbeitet mit der Platte so düstere Dinge wie Nates Drogenentzug und den Frust darüber, dass der Kapitalismus nach der Pandemie einfach unbeeindruckt weiterwütet. Funktioniert euer trockener Humor da als Schutzschild?
Brown: Früher habe ich mich hinter meinem Humor versteckt – allerdings ist das auch einer der Gründe, warum ich mit einer Therapie angefangen habe. Humor ist einfach Teil des Lebens und gehört zum Drama immer dazu. Die kathartische Wirkung dieser Platte besteht für mich nicht darin, dass ich Dinge aufschreibe und dann plötzlich meine Probleme erkenne. Aber die Arbeit an der Platte hat mir die Möglichkeit gegeben, mit Nate zusammen zu sein und Spaß zu haben. Water From Your Eyes ist ein Ausgleich für die dunklen Momente in unserem Leben.
In „True Life“ singt ihr: „Neil, let me sing your song/It’s been this way for so long/Give me another chance“. Hat Neil Young euch wirklich untersagt, Textzeilen aus seinem Song „Cinnamon Girl“ zu verwenden?
Brown: Nicht Neil persönlich, sondern seine Anwälte. Ich bin mir wirklich sicher, hätten wir mit Neil in einem Raum gesessen, wäre es anders gelaufen. (lacht) Wir sind vielleicht nicht die besten Diplomaten, aber unsere Songs hätten ihn überzeugt.
Amos: (grinsend) Sie haben unsere Kunst einfach nicht verstanden.
Vermutlich hatten sie Angst, weil ihr Neil Young als Metalhead outet.
Amos: Genau, dank uns gibt es jetzt nicht nur NuMetal, sondern auch NeilMetal.