Ideale auf dem Drahtseil: französischer Politzirkus „Unter Kontrolle“
In „Unter Kontrolle“ muss eine idealistische Außenministerin Geisel aus Westafrika retten – doch das viel größere Problem ist der politische Alltag.
Über Nacht wird die idealistische Marie Tessier (Léa Drucker) zur Außenministerin Frankreichs. Hat die alleinerziehende Mutter eben noch Krankenhäuser im Niger aufgebaut, irrt sie nun schon durch den Élysée-Palast. Doch ihre westafrikanischen Beziehungen könnten ihr gleich bei der ersten großen diplomatischen Herausforderung helfen: Im Niger werden fünf Menschen, darunter zwei Franzosen, von einer islamistisch-afrikanischen Miliz als Geiseln festgehalten. Es beginnt ein Geschacher um mögliche Lösegeldsummen und politische Einflussnahme, das einen Wahnsinn freilegt, der – natürlich stark überzeichnet – zum Haareraufen komisch ist. Die sechsteilige Politsatire Unter Kontrolle (ab sofort in der Arte-Mediathek) entlarvt mit charmant französischem Augenzwinkern die Idiotien europäischer Politik und demonstriert, wenn auch etwas albern, wirkungsvoll, wie unprofessionell Egos und kulturelle Differenzen über globale Angelegenheiten entscheiden können.
„Unter Kontrolle“ ab sofort in der Arte-Mediathek
Da unter den Geiseln auch ein Slowake, ein Italiener und ein Deutscher sind, muss sich Tessier plötzlich mit ihren europäischen Kolleg:innen herumschlagen – da hilft selbst ihre Mediationsapp nicht mehr. Wer übernimmt die Verhandlungen? Wie lautet die gemeinsame Strategie? Und in welcher Währung wollen die Geiselnehmer überhaupt ihr Lösegeld? Nach einigem Hin und Her, einem provisorischen Loszettel und ein paar mächtig fragwürdigen Deals – 200 Geflüchtete hier, 40 Windräder da – liegt die Verantwortung bei der französischen Außenministerin. Doch kurz vor der Lösegeldübergabe scheint die Freilassung zu platzen: Hat Tessier noch alles unter Kontrolle?
Zwar ist Unter Kontrolle oft mit ein paar km/h zu viel auf der Kalauerstraße unterwegs, etwa wenn die Geiseln Evaluationsbögen zu ihrer Unterbringung von den Geiselnehmern bekommen, doch insgesamt ist die französische Erfolgsserie ein gutes Beispiel dafür, wie wenig Fiktion politische Satire heute überhaupt noch braucht. Oft reicht es, die Realität in leicht eingefärbter Schattierung abzubilden, um belustigtes Kopfschütteln auszulösen. Spricht nicht für unsere politische Gegenwart. „Mit Terroristen zu verhandeln, ist einfacher als mit Europäern“, heißt es an einer Stelle. Traurig, weil wahr.