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Verena Güntner: Es bringen

Mit Textauszügen aus ihrem Debütroman hat die Theaterschauspielerin Verena Güntner bereits vor der Veröffentlichung viele Preise abgeräumt: 2012 war sie Finalistin beim OpenMike in Berlin, 2013 belegte sie den dritten Platz beim MDR-Literaturpreis und gewann im selben Jahr den Kelag-Preis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt. „,Achselhaarsammlung, ohne Scheiß jetzt?’, hab ich sie beim ersten Mal gefragt und sie: ,Logisch, aber nur von den Guten, den Bringern. Sei stolz, du bist einer.’“ Güntners Bringer ist der 16-jährige Luis, der unter den Teenies der Hochhaussiedlung meist die Nase vorn hat. In einer Welt, in der Zwölfjährige um ihr Taschengeld erpresst werden und auch schon mal vom Balkon springen, gewinnt Güntners Erzähler beim Wettsaufen vor der Esso-Tankstelle und finanziert sich durch Fickwetten, da er fast jedes Mädchen flachtlegt, das seine Kumpels für ihn auswählen.

Nachdem Stefanie De Velasco letztes Jahr mit „Tigermilch“ einen der besten deutschsprachigen Romane vorgelegt hat, in dem sie von zwei Berliner Schülerinnen erzählt, die mit Alkoholexzessen und Prostitution dem Alltag in ihren kaputten Familien trotzen, liefert Güntner das nicht weniger wichtige, männliche Gegenstück. Ähnlich wie De Velasco gelingt es ihr, dem Machogerede ihres Helden eine Verletzlichkeit unterzuschieben, mit der sie dem Leser sehr eindringlich für seine Schwäche sensibilisiert: Luis kommt nicht damit klar, dass seine jugendliche Mutter mit seinem besten Freund schläft, und er weiß nicht zu verorten, worum es ihm bei Jenny eigentlich geht, wenn plötzlich nicht nur ein richtig guter, pornomäßiger Fick wichtig ist. „Es bringen“ ist nun endlich erschienen, und es ist beruhigend, dass noch ein paar Literaturpreise übrig sind, mit denen man Verena Güntner auszeichnen kann. (cs)

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