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Villagers: Das Geheimnis seines Erfolges

Conor O’Brien sitzend auf Steintreppe, gelbes Shirt, Hemd in Ocker
(Foto: Rich Gilligan)

Jede Platte der Villagers steckt voller Inspirationen. Was kein Wunder ist, denn hinter Conor O'Brien stehen ganz viele Frauen.

Conor, hast du schon mal einen Villagers-Song geträumt?

Conor O’Brien: Ich glaube nicht. Als Kind konnte ich mich immer an meine Träume erinnern, aber das hat irgendwann aufgehört. Damals hatte ich sogar Klarträume: Mir war bewusst, dass ich träume, und ich habe mich angestrengt, um bestimmte Dinge erleben zu können. Heute wache ich meist nur noch mit einem sehr vagen emotionalen Gefühl auf, und mir fehlen die konkreten Erinnerungen.

Sehnst du dich denn wie so viele Musiker:innen danach, dass dir ein Song im Traum erscheint?

O’Brien: Meine Schwester behauptet immer, ich wäre bei praktischen Angelegenheiten komplett unzuverlässig. (lacht) Stimmt schon, ich schalte manchmal komplett ab und verliere mich in Tagträumereien. Beim gemeinsamen Kochen hat das schon zu manchen Dramen geführt, und inzwischen ist das ein stehender Satz meiner Schwester: Conor denkt wieder über Musik nach. Ich schätze also, bei mir läuft das eher mit einer anderen Struktur ab.

Ist es okay, wenn ich die fünfte Villagers-Platte als dein bisher psychedelischstes Album bezeichne?

O’Brien: Das passt schon, denn fast alle Songs haben als Ausgangspunkt eine Art Delirium. Es ging mir auf dieser Platte darum, etwas zu greifen, was außerhalb unserer herkömmlichen Kanäle liegt. Viele Ideen sind im Zusammenspiel mit der Band entstanden, wir haben regelrecht gejammt – und das war für mich als Einzelgänger eine neue Erfahrung.

Es geht um Naturerfahrungen, Gemeinschaftsgefühl und Liebe, aber die Platte heißt ja „Fever Dreams“, und mit dem Song „Circles in the firing Line“ gibt es einen Kipppunkt.

O’Brien: In diesen schlimmen Zeiten wollte ich einen positiven Ausgangspunkt. Quasi ein Idyll mit warmen Sounds, in die man eintauchen kann. Gleichzeitig war es mir aber auch wichtig, nicht spirituell abzudriften und die Realität aus den Augen zu verlieren. Eine Begleiterscheinung des Internetzeitalters ist es nun mal, dass die Dinge vereinfacht und verzerrt dargestellt werden.

„The more I know, the more I care“ ist der Schlüsselsatz der Platte.

O’Brien: Es ist so schwer, da nicht wie ein Boomer zu klingen, aber in gewisser Weise ist das schon ein Mantra von mir: Ich will meinen Wissensdurst nicht verlieren, nur weil ich mit jedem Blick aufs Telefon oder den Bildschirm von schrecklichen Nachrichten bombardiert werde.

Da besteht doch kaum Gefahr. Du schreibst zu jedem Villagers-Album deine Inspirationen auf, was für mich immer eine sehr ergiebige To-do-Liste ergibt. Dank „Fever Dreams“ werde ich etwa jetzt endlich mal Audre Lorde lesen.

O’Brien: Ihre Essays haben mich komplett verändert. Jetzt in meinen 30ern schäme ich mich regelrecht, dass ich so wenige feministische Autorinnen gelesen habe. Ich habe Soziologie und Englisch studiert – aber diese Themen kamen so gut wir nicht vor. Heute lese ich fast nur noch Bücher von Frauen.

Worum ging es dir bei Olivia Laing?

O’Brien: Mich hat sehr beeindruckt, was sie über die Einsamkeit schreibt. Wir haben verlernt, das Alleinsein als etwas Wertvolles zu begreifen, gerade auch in künstlerischen Zusammenhängen.

Wo wir über das Eintauchen in surreale Welten gesprochen haben: Von ihr ist auch das Buch „The Trip to Echo Spring: On Writers and Drinking“.

O’Brien: Klar, Wein hilft. (lacht) Naja, manchmal.

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