„Von allgemeiner Gültigkeit“ von Natasha Brown

Zwischen Wahrheit und Quote: Natasha Browns Roman „Von allgemeiner Gültigkeit“ seziert das Geschäft der Medien.
Von den Ereignissen in der Welt erfahren wir durch Journalist:innen, die ihre Recherchen machen und uns dann berichten, was sie herausgefunden haben. Blöd nur, wenn diese Reporter:innen der Marktlogik folgen und Klickzahlen wichtiger nehmen als das Ablichten der Wahrheit. In ihrem Roman „Von allgemeiner Gültigkeit“ nähert sich die britische Autorin Natasha Brown diesem Thema mit einer Geschichte, die fassungslos macht: ein erschlagener Mann auf dem Boden, zu seinen Füßen ein junger Mann mit blutbefleckten Goldbarren in der Hand, und dazu ein Gewirr an Hintergrundgeschichte.
Die verzweifelt nach Arbeit suchende Journalistin Hannah ordnet diese Informationen und schreibt einen Artikel über den Fall. Die Öffentlichkeit liebt ihren Text, in dem ein Gewaltverbrechen die Verbindungen zwischen einer anarchistischen Hippie-Community, einem Millionär und einer verbitterten Anti-Woke Kolumnistin offenbart. Hannah ist plötzlich wieder angesagt und kann die Miete für den nächsten Monat bezahlen. Doch hat sie wirklich alles wahrheitsgetreu wiedergegeben? Oder hat sie sich hier und da zu Überspitzung und Faktenverdrehung verführen lassen, um die Geschichte interessanter zu machen?
Hat Natasha Brown in ihrem Debüt „Zusammenkunft“ aus dem Jahr 2021 noch Rassismus und Klassismus in einem eher klassischen Erzählstil seziert, verhandelt sie die Frage nach Objektivität in ihrem neuen Roman mit einer Erzählweise, die ihresgleichen sucht. Brown kombiniert nicht nur verschiedene Perspektiven von verschiedenen Charakteren, sie kombiniert sogar Stile.
Die ersten 50 Seiten des Romans lesen sich wie eine Boulevard-Zeitschrift, denn Brown eröffnet ihr Buch mit Hannas Artikel. Es folgen drei Kapitel, die jeweils eine Perspektive der involvierten Personen behandeln. Aus dem Flickenteppich ergibt sich am Ende ein Bild, das den bewusst schlecht geschriebenen Artikel am Anfang in ein ganz anderes Licht rückt – und das ist genau der Effekt, den die Autorin erzielen wollte. Natasha Browns erzählerische Innovationen, ihre thematische Tiefe und Sachkompetenz erklären den kometenhaften Erfolg.
Hat es Natasha Brown mit „Von allgemeiner Gültigkeit“ auf unsere Liste der besten Bücher im Mai 2025 geschafft?