Was raus muss
Das Kölner Elektronik-Duo Coma legt ganz große Popsongs vor – um nicht mehr die Nächte im Klub verbringen zu müssen. Interview: Carsten Schrader
Georg, Marius, wenn jetzt nach vier Jahren Pause das dritte Coma-Album erscheint, fühlt es sich zu kurz gegriffen an, einfach nur von musikalischer Weiterentwicklung zu sprechen. Ist „Voyage Voyage“ ein Neuanfang?
Georg Conrad: Gefühlt ist es sowohl Weiterentwicklung als auch Neuanfang. Wir haben uns ganz bewusst eine Auszeit genommen und uns beide auch nach Beschäftigungen außerhalb von Coma umgesehen. Das war die Grundvoraussetzung, um ohne Erwartungshaltungen und auch ohne Erwartungen an uns selbst wieder gemeinsam im Studio zu produzieren.
Marius Bubat: Es war nicht vorsätzlich, dass wir noch weiter zu unseren Wurzeln zurückgehen und stärker in Songstrukturen arbeiten. Unsere ersten Entwürfe haben einfach danach geschrien, dass wir uns mit ihnen Popmusik-mäßig auseinandersetzen und bei jedem Stück mit Gesang arbeiten.
Es ist ein eingängiges und zugleich ein melancholisches Album geworden. Auch den Texten merkt man eine gewisse Dringlichkeit an.
Bubat: Es war eine Umgewöhnung, weil wir ja nun nicht die Musiker sind, die für solche Gelegenheiten ihre Moleskine-Notizbücher mit sich rumtragen. Aber als ich mich dann an die Texte gesetzt habe, wurde mir schon bewusst, dass es da Dinge gibt, die ich loswerden wollte. Ich fände es aber auch total unangemessen, wenn man mit Mitte 30 über ein durchgemachtes Wochenende oder ähnliche Banalitäten singt.
Ihr wart ganz schön angepisst von der Elektroszene, oder?
Conrad: Angepisst nicht, aber wir haben uns da nie so richtig heimisch gefühlt. Wir haben ja auch nicht schon mit 15, 16 Technoplatten gesammelt und zu Hause aufgelegt, sondern damals im Keller unserer Eltern mit Gitarre, Bass und Schlagzeug ganz klassisch handgemachte Musik gespielt. Natürlich hat uns die elektronische Musik auch neue Horizonte eröffnet, aber das war eher ein Umweg, und wir wären nicht damit glücklich geworden, die ganze Zeit Techno zu machen.
Bubat: Schon vor fünf oder sechs Jahren habe ich gesagt, dass ich mir die Kugel gebe, wenn ich mit 40 noch um drei Uhr nachts im Club stehen muss. (lacht) Natürlich hat die Clubkultur ihre Daseinsberechtigung, und für uns war es auch spannend, das eine Zeitlang mitzunehmen. Aber es war auch wahnsinnig schwierig für uns, Teil davon zu sein, weil wir eben doch immer Exoten geblieben sind. Wäre das nicht unser Job gewesen, hätten wir uns ganz sicher nicht so viele Nächte um die Ohren geschlagen.