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Water From Your Eyes: Zwiespältige Utopien

Life Signs - WFYEFinal-15 - credit Adam Powell
(Foto: Adam Powell)

Keine Angst vor den ganz großen Zusammenhängen: Für ihr siebtes Studioalbum „It’s a beautiful Place“ haben sich die Chicagoer Experimental-Popper von Water From Your Eyes interdisziplinär inspirieren lassen.

Nate, ein Großteil der Aufnahmen zu „It’s a beaufitul Place“ fand unter dem Blick eines Robin-Williams-Posters statt, weshalb du und Rachel Brown ihn auch das „stille Mitglied“ von Water From Your Eyes nennt. Was hätte er zu dem holistischen Ansatz des Albums gesagt?

Nate Amos: Ich hoffe, der hätte ihm gefallen. (lacht) Ich glaube, er war ein Unterstützer all der Leute, die ihren kreativen Impulsen einfach so und auch radikal gefolgt sind.

Stimmt es, dass „It’s a beautiful Place“ zumindest zum Teil von der Idee bestimmt wurde, dem Publikum wieder Respekt vor Gott einzuflößen?

Amos: Nicht vor Gott im traditionellen Sinne, mehr vor dem Universum und der natürlichen Ordnung allgemein, vor all den Zufällen, die sich genau so fügen mussten, wie sie es getan haben, damit überhaupt Leben entsteht.

Ursula K. Le Guins Buch „Freie Geister“ – das den Untertitel „Eine zwiespältige Utopie“ trägt – hat ja auch Teile eures neuen Albums inspiriert. Was ist denn zwiespältig oder utopisch an „It’s a beautiful Place“?

Amos: Meiner Meinung nach ist die Natur an sich eh eine Utopie, aber das heißt nicht, dass es unser Umgang mit ihr auch ist. Wir meinen immer, wir stünden so kurz davor, die Erde dauerhaft kaputtzumachen, wenn sie doch in Wahrheit ganz glimpflich davonkommen wird. Die Menschheit ist nur ein Wimpernschlag auf geologischer Ebene, und die Erde war vor uns und wird nach uns wieder eine Utopie werden.

Ein dritter Einfluss, den ihr gern zitiert, ist Mark Rothko – vor allem seine Gemälde.

Amos: Rothko war eine große Inspiration für unser Album „Structure“, und für mich persönlich ist er immer noch eine. Nicht-musikalische Inspirationsquellen zwingen das Unterbewusstsein von uns Musikern, eine Art Übersetzungsleistung vorzunehmen. Für mich stand zum Beispiel Rothko bei der Entwicklung von „Structure“ für ein krass verschwimmendes Zeitgefühl. Bei „Everyone’s crushed“ war es wiederum Francis Bacon: Sein Talent, Chaos im Kopf des Betrachters zu erzeugen, bis dessen Unterbewusstsein doch ein erkennbares Bild findet und sich daran festbeißt. Bei „It’s a beautiful Place“ hingegen haben wir uns mehr von Astronomie, Archäologie und der Erde als eigenständigem Kunstraum inspirieren lassen.

Rothko hatte ja auch ein Sieben-Punkte-Rezept für Kunst: Tod, Sinnlichkeit, Konflikt, Ironie, Spielerei, Zufall und Hoffnung seien gleichermaßen essenzielle Bestandteile eines Kunstwerks. Mit Blick auf „It’s a beautiful Place“, was würdest du dem hinzufügen oder wegnehmen?

Amos: Die Liste ist doch perfekt, wie sie ist. (lacht) Tatsächlich bin ich ganz zu Beginn meiner Karriere mal über darüber gestolpert und habe sie mir ausgedruckt. Seitdem begleitet sie mich überallhin. Wie ich schon sagte, halte ich Rothko für einen der größten Künstler aller Zeiten – niemand hat mich je gleichzeitig so verstanden und so verstört. Daran werde ich mich für den Rest meines Lebens abarbeiten. Aber die kurze Antwort lautet: Nein, ich würde weder etwas hinzufügen noch etwas wegnehmen. Wer bin ich schon, das zu tun? (lacht)

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