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Wem gehört das Königreich? König Boris über „Disneyland after Dark“

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BUBACK (Foto: Katja Ruge)

Mit seinem zweiten Soloalbum leuchtet Ex-Fettes-Brot-Mitglied König Boris die dunklen Ecken seiner Heimatstadt aus – und trifft auf Investoren und Junkies.

Boris, nach zehn Jahren ohne Soloalbum kommt jetzt mit  „Disneyland after Dark“ eine Liebeserklärung an Hamburg. Ist das Ende von Fettes Brot auch ein Bei-sich-selbst-Ankommen gewesen?

Boris Lauterbach: An dem Album ist vor allem die Pandemie Schuld. Ich bin durch eine Stadt gelaufen, die völlig leer war, die ich neu wahrnehmen konnte: kein idealisiertes Zuhause, sondern Schmutz und traurige Seiten.

Fragst du dich manchmal, was dich noch in der Großstadt hält?

Lauterbach: Klar, aber durchs Touren war ich ständig unterwegs. Da war das Nachhausekommen immer ein super Gefühl. Und wenn ich hier am Hafen bin, die Schiffe, die Kräne, das Möwengeschrei, das nutzt sich nicht ab.

Eigentlich geht es auf dem Album aber viel mehr um die Menschen in dieser Stadt.

Lauterbach: Es sind die Menschen und die Erlebnisse, die sich mit den Orten verknüpfen. Dieses Unterkühlte, das den Hambuger:innen immer nachgesagt wird, sehe ich ehrlich gesagt nicht. Es sind auch viel eher die Zugezogenen, die immer auf diese Eigenheiten und Unterscheide pochen. Aber eines haben alle Städte gemeinsam: Überall triffst du Arschlöcher und nette Leute.

Und überall gibt es Absturz und Hedonismus. Auch auf deinem Album. Sowohl inhaltlich als auch im Soundbild.

Lauterbach: Schaut man sich eine Großstadt wie Hamburg an, wird das Feiern zwangsläufig zum Thema: vom Junkie am Hauptbahnhof bis zur Partyszene aufm Hamburger Berg. Und wenn du dann mal in die nicht so gut ausgeleuchteten Ecken guckst, spielen Drogen und Alkohol immer eine Rolle. Ich selbst hab außer Gras und Alkohol aber nie etwas angefasst. Hätte mir wahrscheinlich zu gut gefallen.

Du beziehst dich auf dem Album immer wieder auf ganz konkrete Orte in Hamburg. Hattest du Bedenken, dass Leute, die nicht aus Hamburg kommen, damit nicht connecten können?

Lauterbach: Für die Leute, die nicht aus Hamburg kommen , funktioniert das dann als Sehnsuchtsort. Wie viele Songs kennen wir über New York? Jeder hat ja ein Gefühl für so eine Stadt. Und Orten wie etwa der Sternbrücke wollte ich auch einfach ein Denkmal setzen.

Ein Ort, der sinnbildlich für das Klubsterben in Hamburg steht. Kultur scheint wohl doch nicht so systemrelevant zu sein.

Lauterbach: Die Verantwortlichen müssen sich wirklich einmal bewusst machen, was für ein Anziehungsfaktor eine lebendige Subkultur ist – selbst wirtschaftlich. Und wenn nur noch geile Plätze für Hotels weichen, kommen irgendwann auch keine Leute mehr in die Hotels. Freiräume, leere Keller, wo mal ein Klub reinkann, gibt’s ja kaum noch. Jede freie Fläche wird zum Geschäft.

Und Menschen werden dafür vertrieben. Hast du manchmal einen Hass auf die schicken Zimtschnecken-Cafés?

Lauterbach: Hass wäre mir zu doll. Spott trifft es eher. Die Leute, die in diesen Läden arbeiten, müssen aber auch nur herhalten für einen sehr sichtbaren Auswuchs der Gentrifizierung. Hamburg hat ein viel tieferliegendes Problem. Mit Fettes Brot haben wir unser Studio im Hof der Initiative Viva La Bernie. Der wurde uns jetzt von Investoren weggekauft, und wir wollen den wieder zurückkaufen – sind nur 3,5 Millionen Euro. (lacht) Da gehts dann auch darum: Wem gehört die Stadt?

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