„Zu nah am Abgrund“ von Pascal Garnier
Krimiklassiker neu entdeckt: Der minimalistische Noir „Zu nah am Abgrund“ von Pascal Garnier (1949-2010) ist eine bitterböse Landpartie.
„Zu nah am Abgrund“ von Pascal Garnier ist unser Krimitipp der Woche
Ein Leichtkraft-Wägelchen zeigt, dass da jemand nicht mehr auf den Überholspuren des Lebens unterwegs sein möchte. Die 64-jährige Éliette knattert mit so einem Mopedauto gemächlich durch die französische Provinz. Sie hat sich in ein ehemaliges Ferienhaus im verschlafenen Saint-Vincent zurückgezogen, seit ihr Mann nur noch ein Häufchen Knochen unter der Erde ist. Zwar fehlt der vereinsamten Witwe menschliche Nähe, aber selbst die Nachbarsfamilie stört mitunter, wenn sie in fragilen Glücksmomenten den Tücken des Alters trotzt. Natürlich wird der französische Autor Pascal Garnier (1949-2010) in seinem minimalistischen Noir ordentlich Stimmung in die Bude bringen.
So holt sich Éliette spontan wie leichtfertig den sympathischen Fremden Étienne ins Haus, der vorgibt, eine Autopanne gehabt zu haben. Insgeheim hofft Éliette, dass seine geschickten Hände nicht nur an platten Reifen fummeln können. Dass ausgerechnet am gleichen Tag einer der Nachbarsburschen bei einem Verkehrsunfall getötet wurde, ist allerdings mehr als merkwürdig. Zudem steht schon bald Étiennes zwanzigjährige Tochter auf der Matte, die mehr will, als nur zugekokst mit Paps zu vögeln. Als auch Nachbar Paul mit seinen von Pastis getrübten Augen zudringlich wird, eskaliert die Lage: Eine Vergewaltigung kann nur mit dem Hieb eines gußeisernen Topfes verhindert werden, und schon bald liegen mehrere Leichen auf den Terrakottafliesen in der Küche. Erst kommen die Fliegen, dann die Polizei, doch Éliette selbst muss die Lage in den Griff bekommen. Garniers bitterböse Landpartie kennt keine Gnade. Am Ende wird Éliettes kleines Auto zu einer fiesen Falle werden. Wer da überlebt, ist deutlich neben der Spur – und wird wohl zukünftig zweimal abschließen …
Mit „Zu nah am Abgrund“ hat es Pascal Garnier auf unsere Liste der besten Krimis im Januar 2025 geschafft.