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„Ab dieser Platte bin ich alt!“: Tom Fleming alias One True Pairing über „Endless Rain“

PC - Jennifer Lane - One True Pairing - 31 - 300DPI
(Foto: Jennifer Lane)

Der frühere Wild-Beasts-Sänger Tom Fleming veröffentlicht sein zweites Soloalbum als One True Pairing – doch ganz eigentlich ist es ein Debüt.

Tom, verglichen mit deinem Solodebüt aus dem Jahr 2019 ist es fast schon ein wenig seltsam, dass du jetzt auch „Endless Rain“ unter dem Projektnamen One True Pairing veröffentlichst.

Tom Fleming: Was den Sound, den Ton und die Bedeutung angeht, ist es eine vollkommen andere Platte. Ich war unsicher, ob ich den Namen beibehalten soll, aber irgendwie passt es. Die Themen sind ja eigentlich identisch, nur ist die Perspektive jetzt eine andere. Mein Solodebüt war meine letzte junge Platte. Ab dieser Platte bin ich alt!

„Als wäre ich 16, 17, 18 Jahre alt“

Du bist jetzt 39. Fühlst du dieses Alter?

Fleming: Mein Zeitgefühl ist unzuverlässig geworden. Manchmal weiß ich nicht, ob es 16 Jahre oder sechs Monate her ist, dass ich zum allerersten Mal eine Platte veröffentlicht habe. Mit dem neuen Album kehre ich zurück in meine Jugend, in der ich Alternative Rock und Folk gehört habe. Die Songs habe ich auf einer Akustikgitarre geschrieben – das ist ein Setting, als wäre ich 16, 17, 18 Jahre alt. Aber ich wollte nie ein Singer/Songwriter sein, und jetzt kann ich es nicht mehr leugnen, dass ich Teil dieser Tradition bin.

Es war ein cleverer Schachzug, die Platte in Irland mit John Murphy aufzunehmen, der vom Noiserock kommt, aber auch um Harmonien und zarte Arrangements weiß. Es ist dieser Sound, der die extrem düsteren Inhalte abfedert und die Platte zu einem fast schon tröstenden Begleiter in harten Zeiten macht.

Fleming: Ich wollte auf keinen Fall, dass es ein kompletter Runterzieher wird. Wenn es mit Worten nicht geht, muss zumindest die Musik einen Heilungsprozess andeuten.

Wie viel Angst steckt in „Endless Rain“?

Fleming: Angst ist das zentrale Thema dieser Platte: die Angst davor, älter und irrelevant zu werden, und die Angst vor dem Tod. Ich habe einen langen Anlauf gebraucht, um diese Inhalte so direkt formulieren zu können. Schon mit den Wild Beasts ging es ja um existenzielle Themen, doch haben die künstlerischen Konzepte auch stets als Rüstung funktioniert. Auf meinem Solodebüt war ich dagegen vor allem von einer Wut getrieben, mit der ich auf die Politik und den Zustand der Welt geblickt habe. Die neue Platte ist das Dokument einer Lebenskrise. Ich schaue zurück und frage mich, was mich dahin gebracht hat. Ich will wirklich verstehen und nicht einfach nur wütend sein. Und ich bin jetzt auch bereit, all das nicht mehr zu verstecken.

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