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„Bright Future“ von Adrianne Lenker: Sie hat den Hut auf

Credit_ Germaine Dunes
(Foto: Germaine Dunes)

Wie nur schafft es die hyperproduktive Adrianne Lenker, sich mit jedem neuen Album als eine der besten Songwriter:innen unserer Zeit zu empfehlen?

Was ist das Geheimnis von Adrianne Lenker? Ob als Kopf von Big Thief, ganz allein mit der Gitarre auf „Songs & Instrumentals“ oder nun auf „Bright Future“, für das sich die Singer/Songwriterin Freund:innen dazugeholt hat hat, die Klavier, Violine und Background-Gesang beisteuern: Immer beschwört sie scheinbar mühelos dieselbe Magie herauf. Erneut finden sich auf ihrer fünften Soloplatte Songs, die einerseits so spezifisch klingen, dass sie nur von ihr sein können, und gleichzeitig so vertraut, als hätte Lenker sie in unserem Hintergarten ausgegraben.

Die großen Themen auf „Bright Future“ sind Herzschmerz, Familie und Nostalgie. Opener „Real House“ ist ein langer Brief an ihre Mutter, den Lenker zu minimalistischem Klavier vorträgt, in „Fool“ feiert sie Familie und Freund:innen. „Sadness as a Gift“ und „Vampire Empire“, ein Track, den Lenker auch mit Big Thief aufgenommen hat, betrauern eine vergangene Beziehung, während „Free Treasure“ und ganz zum Schluss „Ruined“ die Liebe als allumfassendes Gefühl feiern. Mit Klavier, Streichern, Country-Schattierungen und jeder Menge Hall ist dieser letzte Track einer der glamourösesten, die Lenker bisher veröffentlicht hat – musikalisch und thematisch jedoch denkbar einfach. Ein bisschen wie das Coverfoto, das Lenker mit Cowboyhut und Handschuhen zeigt: schick und ernst, aber leicht verschwommen, wie Dylan auf „Blonde on Blonde“.

Trotz der Schwere der Themen schimmert Lenkers Humor durch. Er äußert sich nicht nur in einem Kichern in „Fool“, sondern auch in den Spielereien mit der Sprache, die sich die Künstlerin gönnt. In „Evol“ etwa buchstabiert sie diverse Wörter rückwärts, und der eigentlich tieftraurige vorletzte Track, in dem Lenker das Ende einer Beziehung mit der Klima-Apokalypse gleichsetzt, trägt den Nonsens-Titel „Donut Seam“ – nach ihrer Aussprache im Refrain: „This whole world is dying/Don’t it seem like a good time for swimming/Before all water disappears?“ Vielleicht ist es dieses Bild, das das Mysterium Lenker am besten zusammenfasst: Hier das Ende der Welt, da eine Einladung zum Schwimmen – auf magische Art gleich groß und gleich wichtig.

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