„American Primeval“ bei Netflix: Das Gemetzel der Mormonen
Auf Netflix startet heute die Westernserie „American Primeval“, die den Spagat schafft: Sie ist so brutal in der Handlung wie sensibel und einfühlsam in der Personenzeichnung.
Starke Frauen, ein trauernder Einzelgänger und sich verzweifelt wehrende Indigene des Stammes der Schoschonen bestimmen die Miniserie „American Primeval“, in der im Jahr 1857 der US-Bundesstaat Utah zum Schauplatz von brutalen Machtkämpfen wird: Mordende Mormonen reißen den Bundesstaat Utah an sich, in dem sie gegen alle kämpfen, die ihnen im Weg stehen. Die Serie „American Primeval“ kann jetzt auf Netflix gestreamt werden.
Im nach seinem Chef Jim Bridger (Shea Whigham, „Mission Impossible – Dead Reckoning Teil 1“) benannten Fort Bridger treffen sich alle: Trapper, Indigene, Siedler auf dem Weg nach Westen, Militär der US-Regierung und auch Kopfgeldjäger. Auch Sara Rowell (Betty Gilpin, „Gaslit“) kommt mit ihrem Sohn Devin hier an – leider zu spät. Der von ihr angeheuerte Führer, der sie zu ihrem Mann bringen soll, ist schon über alle Berge. Und weil auch Isaac (Taylor Kitsch, „Painkiller“, „Shadowplay“) ihr zunächst absagt, schließt sie sich ohne Schutz einem Treck an, der schon wenig später vom Wolf Clan überfallen wird, einem Trupp abtrünniger Indigener, die sich mit dem bewaffneten Arm der Mormonen zusammentun, um weiße Siedler aus dem Bundesstaat Utah zu vertreiben. 200 Menschen schlachten sie bei dem Überall ab, Jacob Pratt (Dane DeHaan) wird von einem Indianer fast skalpiert, ehe eine Kugel diesen niederstreckt und Pratt schwer traumatisiert überlebt. Seine Frau Abish (Saura Lightfoot-Leon, „The Agency“) wird von den Crow entführt und landet schließlich bei den Schoschonen, wo sie immer wieder mit Ausbruchsversuchen und massiver Renitenz die Achung der Indigenen erringt. In der Folge konzentriert sich die Serie „American Primeval“ einerseits auf das Schicksal dieser beiden Frauen, andererseits zeigt sie auf, welche politischen und religiösen Interessen Mitte des 19. Jahrhunderts am Einfallstor des Bundesstaates Utah aufeinanderprallen.
Die Mormonen sind gerade dabei, den Bundesstaat Utah komplett in ihre Gewalt zu bringen. Neue Siedler lassen sie nicht mal auf dem Weg nach Westen durchreisen, sondern bringen sei gemeinsam mit Unterstützung eines Teils der indigenen Bevölkerung um. Die Serie zeigt die Brutalität der sich gegen die US-Regierung stellenden Mormonen so ungeschönt, wie sie am Beispiel der Schoschonen die Diskussion der indigenen Bevölkerung über den richtigen Umgang mit der brutalen Expansion der weißen Eroberer darlegt. Das alles geschieht aber nicht auf der theoretischen Ebene. Regisseur Peter Berg („Painkiller“, „Spenser Confidential“) und Drehbuchautor Mark L. Smith („Twisters“) haben mit Abish Pratt eine Frau in der Handlung etabliert, die sich in wenigen Wochen im Stamm der Schoschonen einlebt und lieber mit diesem in den Tod geht, als zurück in die Siedlung zu fliehen. Mit Sara Rowell macht eine weitere starke Frau die Serie stark. Von Isaac nach dem Überfall gerettet, werden sie und ihr Sohn von ihm gen Westen geführt, während die Mormonen auf beide Frauen als die letzten Zeugeninnen des Massakers Jagd machen. „American Primeval“ ist so brutal in den gezeigten Gewaltexzessen der Akteure, wie die Serie in anderen Momenten feinfühlig und ohne Larmoyanz Freundschaft, Liebe und Solidarität über Glaubensunterschiede stellt, über Grenzen der Ethnie und über politische Ambitionen. Dass die Serie dabei mit dem Massaker eine wahre Begebenheit zur Grundlage hat, macht „American Primeval“ darüber hinaus auch zu einem Moment der Erinnerung an die blutige Historie der USA.