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Das Geheimnis eines Sommers: Benedict Wells neuer Roman „Hard Land“

Kennt man alles schon, was Benedict Wells in seinem Coming-of-Age-Roman „Hard Land“ erzählt – in dieser Intensität aber bislang nur aus dem Kino.

Der Erwartungsdruck ist enorm: Mittlerweile sind sechs Jahre seit Benedict Wells’ großem Bestseller „Vom Ende der Einsamkeit“ vergangen. Zwischendurch erschien zwar noch eine Kurzgeschichtensammlung mit vornehmlich älteren Texten, doch jetzt gilt es: Was soll auf sein bewegendes und so wundersam pathosfreies Meisterwerk folgen, in dem er vom frühen Verlust der Eltern erzählt und Jules und seine beiden Geschwister über mehrere Jahrzehnte durch Einsamkeit und Selbstentfremdung begleitet? Es wirkt fast wie eine Kapitulation, wenn sich der 37-jährige Wells mit „Hard Land“ nun dem so überstrapazierten Coming-of-Age-Roman zuwendet und den 15-jährigen Sam Turner von den Monaten erzählen lässt, in denen er erwachsen wird. Zumal er ihm gleich einen ersten Satz in dem Mund legt, mit dem doch schon alles gesagt ist: „In diesem Sommer verliebte ich mich, und meine Mutter starb.“

Nur ein paar Seiten später wird dann auch der unvermeidliche „Fänger im Roggen“ erwähnt: In dem erzkonservativen, fiktiven Kaff Grady in Missouri steht Salinger Mitte der 80er wegen zu großer Freizügigkeit auf dem Schulindex. Doch es sind vor allem die Teenie-Filme jener Zeit, die Wells angetrieben und dazu bewogen haben, die USA als Handlungsort zu wählen: Das Geleitwort seines Romans stammt von Ferris Bueller aus „Ferris macht blau“, in der Einkaufspassage von Grady läuft mit „Don’t you“ von den Simple Minds überall der Titelsong aus „The Breakfast Club“, und als sie sich zusammen „Zurück in die Zukunft“ im Kino anschauen und die angehimmelte Kirstie von Marty McFly alias Michael J. Fox schwärmt, keimt in dem schmächtigen und extrem schüchternen Sam zum ersten Mal die Hoffnung auf, dass er vielleicht doch bei ihr landen könnte.

Ein erwartbarer Plot und ein schwer beackertes Feld: Wenn es Benedict Wells mit seiner bewährten Melange aus sensibler Figurenzeichnung und Humor gelingt, den Helden eben nicht zur Pappfigur werden zu lassen, und Sam inmitten der übermäßigen Referenzen bestehen kann, markiert das die bislang wohl größte Leistung des Bestsellerautors. Der Coming-of-Age-Roman mit Fokus auf den 80ern mag auserzählt sein. Aber erst jetzt. Es müssen noch Tränen vergossen werden, wenn Sam seine Mutter an den Krebs verliert. An der Seite seiner neuen Freunde gilt es Abenteuer zu bestehen, bei denen Sam gegen die eigenen Ängste kämpft. Und vor allem muss noch das größte der 49 Geheimnisse von Brady gelüftet werden.

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