„Rolling golden holy“ von Bonny Light Horseman: Die heilige Dreieinigkeit
Die Mitglieder der Supergroup Bonny Light Horseman haben vorher viele andere Dinge gemacht – aber das Trio könnte ihre Bestimmung sein.
Bei einer Supergroup treten die Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedern oft stärker hervor als bei anderen Bands. Logisch, immerhin sind sie dem Publikum längst aus anderen Kontexten bekannt. Anaïs Mitchell etwa, ein Drittel von Bonny Light Horseman, hatte bereits eine erfolgreiche Folk-Karriere, bis ihr Broadway-Musical „Hadestown“ sie endgültig zum Star gemacht hat. Eric D. Johnson war für sein Projekt Fruit Bats sowie als Mitglied der Shins berühmt. Und Josh Kaufman hat als Instrumentalist und Produzent mit der halben Folkszene von The National bis Taylor Swift gearbeitet. Trotzdem klingen die Drei als Bonny Light Horseman so harmonisch, als hätten sie nie etwas anderes getan.
Dabei haben Mitchell, Kaufman und Johnson erst 2020 ihr Debütalbum veröffentlicht. Gegründet hatten sie ihr Trio relativ spontan auf einem Folkfestival, und manche Fans mögen angenommen haben, dass es sich dabei eher um ein Nebenprojekt handelt. Das zweite Album „Rolling golden holy“ beweist nun das Gegenteil: Es enthält mehr Fokus, mehr Wagnisse, weniger Gäste. Bonny Light Horseman haben sich gemeinsam eine Dulcimer gekauft, sie erklingt auf dem Album gleich mehrmals, von allen drei Mitgliedern gespielt. Nach dem Aufnahmen erklärte Johnsons Ehefrau, sie habe ihren Mann nie so entspannt gesehen wie bei der Arbeit mit Mitchell und Kaufman.
Harmoniegesang ist das stärkste Rückgrat der Songs von Bonny Light Horseman
Das ist auf „Rolling golden holy“ deutlich zu hören. Beim Opener „Exile“ singen Mitchell und Johnson abwechselnd, und ihre Stimmen ähneln einander so stark, dass sie mitunter kaum zu unterscheiden sind. Für den Rest des Albums bleibt ihr Harmoniegesang das stärkste Rückgrat der Songs. Auch ihren Umgang mit Folkmusik teilen alle drei Musiker:innen: Die Texte bleiben in ihrer Simplizität, ihren Referenzen an die Bibel und die amerikanische Landschaft durchaus dem Genre treu, doch musikalisch ist ihnen Purismus fremd – E-Gitarren sind ebenso erlaubt wie Banjos, Orgel und Saxofon. Im Gegensatz zum Vorgänger ist dieses Mal klar: Bonny Light Horseman fangen gerade erst an.