Chip Cheek: Tage in Cape May
Chip Cheek bietet wunderbar wahrhaftige Szenen voll von Verlangen, Eifersucht, Sex und Schuldgefühlen.
In den Fünfzigerjahren, da heiratete man – kaum volljährig, jungfräulich, naiv – irgendjemanden aus der Nachbarschaft, um dann bei den (Schwieger-)Eltern einzuziehen, Blümchensex zu haben und sonntags in die Kirche zu gehen. Ja, so war das damals. Nicht!, behauptet Chip Cheek mit seinem Debütroman. Denn kaum treffen die Highschool-Absolventen Henry und Effie 1957 in ihren Flitterwochen an der amerikanischen Ostküste ein paar ältere, lebenslustige Großstädter, schon ist es vorbei mit Prüderie und Tugendhaftigkeit. In ein heftiges Gefühls- und Handlungschaos schickt Cheek seinen Helden Henry, der seine Angetraute Effie liebt, die verschlossene Alma begehrt, den älteren Max beneidet, dessen Geliebte Clara anhimmelt. Irgendwie gelingt es dem Autor, das alles wahnsinnig explizit, aber ohne Voyeurismus zu betrachten – und so hat „Tage in Cape May“ ein paar wunderbar wahrhaftige Szenen voll von Verlangen, Eifersucht, Sex, Schuldgefühlen zu bieten. Ein Buch, das sich perfekt als „Sommerlektüre“ verkaufen lässt, aber doch viel mehr ist. Denn bei Cheek endet die Beziehungsbetrachtung nicht mit der Abreise aus Cape May: Wie die Amouren und Widersprüchlichkeiten eines Sommers das weitere Leben Effies und Henrys beeinflussen, das fassen die letzten zehn Seiten des Romans zusammen. So kurz, so knapp, so ernüchternd. So gut. jul
Chip Cheek Tage in Cape May
Blessing, 2019, 336 S., 22 Euro
Aus d. Engl. v. Bernhard Robben