Die Rettung der Moldau
Christian Löfflers elektronische Verklärungen von Wagner, Beethoven und Co. begeistern auch dann, wenn man von Klassik keine Ahnung hat. Kein Wunder: Bis vor kurzem ging es ihm ähnlich.
Eigentlich kennt man Christian Löffler als Techno- und Elektronika-DJ. Doch für sein neues Album „Parallels“ hat sich der Musiker, der selbst das Kölner Independent-Label Ki Records mitbegründet hat, mit der Deutschen Grammophon zusammengetan. Auf „Parallels“ verwendet Christian Löffler alte Schellackplatten aus dem Archiv der Deutschen Grammophon und verklärt Wagner, Beethoven und Co. mit Elementen aus Techno und Elektronika.
Christian Löffler entdeckt die Klassik
Seine Entdeckungsreise war erfolgreich: Die Mischung aus Klassik und Elektronik funktioniert auch für Hörer*innen, die bislang keinen Bezug zur Klassik gehabt haben. Kein Wunder auch – bis vor kurzem ging es Christian Löffler ähnlich. Wir haben mit ihm über sein neues Album gesprochen.
Christian, für „Parallels“ hast du alte Schellackplatten aus dem Archiv der Deutschen Grammophon verwendet. Welche Beziehung hast du zu klassischer Musik?
Christian Löffler: Ganz ehrlich: Wenn, dann habe ich mich eher mit Neoklassik beschäftigt. Meine Neugier für die Gegenwart, für das Hier und Jetzt, hat mich immer zu sehr in Anspruch genommen. Als ich das Material gesichtet habe – es war ja viel, 35 bis 40 Stücke –, habe ich überlegt: Oh Gott, war es vielleicht ein Fehler, ja zu sagen? Obwohl ich selbst schon mit Streichquartett aufgetreten bin, war ich noch nie bei einem klassischen Konzert gewesen! Nur an Wagner konnte ich mich aus meiner Kindheit erinnern. Mir ist eingefallen, dass meine Mutter ihn damals sehr gern gehört hat.
Wie ist die Deutsche Grammophon auf dich zugekommen?
Löffler: Ganz einfach per Anruf. Es war witzig: Im März 2020 war ich gerade fertig mit meinem letzten Studioalbum, hatte Auftritte in Istanbul und Athen absolviert. Danach sollte es weitergehen, aber das ist dann bekanntlich alles ausgefallen. Es hat sich langsam herauskristallisiert, dass ich auf einmal viel Zeit haben würde. Ich saß also im Studio herum, als mein langjähriger
Freund und Manager angerufen hat: Die Deutsche Grammophon hat sich gemeldet, die haben diese Schellackplatten und würden sie dir gerne einmal schicken. Es war schön, weil von Anfang an klar war, dass ich völlig frei bin und schalten und walten kann, wie ich möchte. Da sind die ersten Bedenken schon einmal weggefallen.
Hast du ihnen erzählt, dass du dich mit Klassik gar nicht so gut auskennst?
Löffler: (lacht) Das habe ich natürlich geheim gehalten! Aber ich weiß gar nicht, ob das eine große Rolle gespielt hätte, weil ich unbewusst mehr kannte, als ich gedacht habe. Natürlich waren viele berühmte Themen dabei, aber genau deshalb habe ich eher nach Momenten gesucht, die nicht so bekannt, aber trotzdem sehr schön sind. Wie viel da drin steckt, hat mich sehr überrascht.
Willst du mit dem Projekt lieber deine Fans motivieren, Klassik zu hören, oder Klassikfans für deine Musik interessieren?
Löffler: Gute Frage. Ich glaube, es ist mir eher ein Anliegen, meinen Fans mal die Klassik näherzubringen, weil ich nach Shows und Konzerten immer das Gefühl gehabt habe, dass sie glücklicherweise sehr offen für Experimente sind. Auch jetzt habe ich sehr positive Rückmeldungen bekommen, obwohl es ja doch viele Momente ohne Beat hat und eher nach Ambient klingt. Und die Klassikhörer*innen in der Elektronik? Klar! Ich freue mich über alle, die Interesse haben. Aber in erster Linie ging es darum, etwas zu schaffen, bei dem ich am Ende das Gefühl habe: Das macht Sinn, damit habe ich etwas beigetragen, ohne mich zu wiederholen. Ein Fan hat mir zum Beispiel geschrieben, dass er „Die Moldau“ in der Schulzeit etwa ein Jahr lang behandelt hat – da
hatte er also nicht unbedingt positive Erinnerungen dran. Aber meine Version fand er richtig gut! Das ist natürlich ein schönes Gefühl.
Parallels ist gerade erschienen.