„Dark Matter – Der Zeitenläufer“ auf Apple TV+: Gefangen im Multiversum
Ein Physiker (Joel Edgerton) wird von einer alternativen Version seiner selbst entführt. Doch es dauert, bis die Sci-Fi-Serie Fahrt aufnimmt.
„Bist du mit deinem Leben zufrieden?“ Diese Frage stellt ein Unbekannter mit weißer Maske dem Physikprofessor Jason Dessen (Joel Edgerton) – bevor er ihm eine Droge verabreicht und in eine mysteriöse Box sperrt. Als Jason aufwacht, ist nichts mehr, wie es war: Er ist umgeben von Menschen, die er nicht kennt, im Herzen eines Unternehmens, an das er sich nicht erinnert. Seine Frau Daniela (Jennifer Connelly) kennt ihn als ihren Ex, der gemeinsame Sohn Charlie (Oakes Fegley) ist gleich ganz verschwunden. Sein Kumpel Ryan (Jimmi Simpson), mit dem er am Vortag noch dessen Gewinn eines prestigeträchtigen Preises gefeiert hat, ist auf dem Abstellgleis, stattdessen steht der Preis bei Jason selbst im Regal.
Bald wird klar: Jason steckt in einer alternativen Realität fest, in der er Daniela einst verlassen hat, um sich auf die Arbeit zu konzentrieren – und einen Weg entwickelt hat, in andere Universen zu reisen. Nur leider war diese Version seiner selbst damit nicht zufrieden und hat den Jason, der bei Daniela geblieben ist, entführt, um seinen Platz einzunehmen. Mit der Psychologin Amanda (Alice Braga) an seiner Seite versucht Jason verzweifelt, zurück in seine eigene Welt zu finden und seinen bösen Doppelgänger aufzuhalten. Doch auch Leighton (Dayo Okeniyi), der Geschäftspartner des zweiten Jason, ist sehr erpicht darauf, den ersten Jason aufzuhalten …
„Dark Matter – Der Zeitenläufer“, die heute auf Apple TV+ startet, basiert auf dem gleichnamigen Sci-Fi-Bestseller von Blake Crouch, der auch Showrunner der Serie ist. Der Roman wurde für sein rasantes Tempo gelobt, zugleich gab es Kritik an den flachen Figuren. Gut möglich, dass Crouch mit der Adaption versucht, gegenzusteuern, was sich als Segen und Fluch zugleich erweist. So lassen insbesondere die ersten Folgen viel Raum für die Entfaltung der Charaktere, vor allem die Beziehung zwischen Jason und Daniela. Doch der Plot bewegt sich fast zu langsam, vor allem, weil er selbst für alle, die den Trailer geskippt haben, kaum Überraschungen bereithält.
Zwar kann „Dark Matter“ nichts dafür, dass das Konzept des Multiversums aktuell allgegenwärtig ist, ob es um den vorletzten Oscar-Gewinner, europäisches Arthouse-Kino oder diverse Marvel-Blockbuster geht. Diese Übersättigung führt jedoch dazu, dass wir die Twists der Serie in aller Regel kommen sehen – und macht die ersten Episoden stellenweise sehr zähflüssig. Erst, als Jason und Amanda in den Korridor zwischen den Welten eintreten und zwischen postapokalyptischen, zugeschneiten und verlassenen Erdalternativen hin- und herspringen, nimmt die Handlung Fahrt auf. Doch auch hier gibt es nichts zu sehen, was nicht „Everything everywhere all at once“ schon deutlich knalliger gezeigt hätte, während Serien wie „Rick and Morty“ die Sci-fi-Konzepte im Zentrum kompromissloser zu Ende verfolgt haben.
Was bleibt also? Die Figuren – und hier liegt eindeutig die Stärke der Serie. Bis in die Nebenrollen spielen alle Darsteller:innen exzellent, viele von ihnen bekommen die Möglichkeit, alternative Versionen derselben Figur zu verkörpern, und haben sichtlich Spaß daran. Am meisten zu tun bekommen Connelly und Edgerton, deren Liebe das Herz der Serie ist. Es ist unterhaltsam, dem bösen Jason dabei zuzusehen, wie er sich durch das Leben mit einer ihm eigentlich fremden Familie mogelt, immer nur einen Ausrutscher vom Auffliegen entfernt – auch wenn die Serie seine Verbrechen zuletzt nicht ernst genug nimmt. Allerdings können selbst Edgerton und Connelly nicht verhindern, dass sich ihre Szenen bisweilen zu lang anfühlen. „Dark Matter – Der Zeitenläufer“ ist schlicht zu viel von einer Sache – so wie der endloes Korridor zwischen den Universen.